Richard Riemerschmid (1868–1957)
Er gilt als der Architekt des Münchner Jugendstils, und das bei harter gleichzeitiger Ortskonkurrenz etwa von Theodor Fischer, Friedrich von Thiersch, Emanuel von Seidl, Max Littmann oder Bernhard Pankok.
Alle haben sie auch im Württembergischen gebaut – Riemerschmid zwei Mal, in und bei Ulm. So in Herrlingen das Haus Lindenhof, ein Landsitz für das gehobene Bürgertum jener Tage, 1904 von der Ulmer Fabrikantenfamilie Wieland in Auftrag gegeben. 1972 hätte man es fast abgerissen. Heute ist es ein vielfach genutztes Kulturzentrum.
Riemerschmids andere württembergische Arbeit war 1909 die Ulmer Villa in der Olgastraße 129, wiederum für die Wielands. Ein „Juwel des Jugendstils“, so die „Südwestpresse“, die 1968 in dies gestalterische Gesamtkunstwerk einzog. Von Bomben verschont, war es nach 1945 Kristallisationspunkt des Ulmer Kulturlebens.
Riemerschmids Arbeiten sonst, seine Ämter und Verdienste, fast sind sie uferlos. Er war gewiss einer der wichtigsten deutschen Architekten der spannenden Ära um 1900, unter dessen vielen Bauwerken das Jugendstil-Gesamtkunstwerk der Kammerspiele im Münchner Schauspielhaus (1901) herausragt. Wichtig auch seine planerische Beteiligung an der Dresdener Gartenstadt Hellerau (1909) und das Haus des Bayerischen Rundfunks (1928).
Seine originellste Erfindung: das zerlegbare Holzfertighaus. Die „Brigitte IV“, 1926 aufgestellt, 1983 abgebaut und am Chiemsee eingelagert, war noch so gut erhalten, dass man sie ein Jahr später samt Einrichtung des Meisters sogar versteigern konnte. Riemerschmid gehört zu den Mitbegründern des Deutschen Werkbunds (1907), dessen Leiter er zwischen 1920 und 1926 wurde. Von 1912 bis 1924 stand er auch der Münchner Kunstgewerbeschule vor. 1926 bis 1931 folgte er als Direktor der Kölner Werkschule Martin Elsaesser nach – auf Wunsch des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer.
(Denkmalstimme_4_2015)