Praedikantenbibliothek Isny

– Wo Bücher aufgeschlagen wurden und wo es auf den Nägeln brannte –

Als einen „Schatz im Verborgenen, versteckt im hintersten Winkel der Nikolaikirche zu Isny“ bezeichnet Pfarrer Johannes Ringwald „seine“ Prädikantenbibliothek, will sagen, die Studierstube des Predigers. Seit über fünf Jahrhunderten nahezu unverändert ist diese mittelalterliche Predigerbücherei auf uns überkommen. Pfarrer Helmut Schmid hat in einem liebevollen, mit von ihm selbst gefertigten Fotografien ausgestatteten Bildband, diese Bibliothek detailgenau beschrieben. „Damals ums Jahr 1450“ beginnt seine Beschreibung. In der Zeit der Renaissance forderten vor allem die freien Reichsstädte eine neue Grundlage für ihr gesellschaftliches Leben. Um diesem Verlangen abzuhelfen, wurden Prädikatur-Stiftungen errichtet, so auch im Jahre 1462 in Isny durch Johannes Guldin, Domherr zu Konstanz. Als man die Nikolaikirche in dieser Zeit erweiterte, wurde für die Bücherei eine Stube über der Sakristei eingerichtet. Dort findet sich bis heute der 5×5 Meter große Raum mit Kreuzgewölbe, Fresken, Terrakottafliesen, Wandschränkchen und Tisch. Lediglich die Bücherregale sind etwas jünger.

Darin stehen mehr als 2000 Schriften in 1200 Bänden, verglichen mit großen Büchereien in der Umgebung zwar „klein, aber fein“. Zunächst sind die 70 Handschriften zu nennen, die vielfach im Lichte eines Kerzenstummels auf dem Daumennagel der linken Hand geschrieben wurden. An deren Stelle traten nach Erfindung des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts zunächst die sog. Wiegendrucke, d.h. Drucke vor dem Jahr 1500, in vielfältiger Schriftform und mit herrlichem Buchschmuck. Es folgt nach 1500 der sog. Gebrauchsdruck, mit dem die Neuzeit beginnt. Neben theologischen finden sich philologische, juristische und medizinische Altdrucke, ein Zeugnis dafür, welche Aufgaben der Prediger seinerzeit mit zu übernehmen hatte.

Besonders hervorzuheben sind die Reformationsdrucke aus den Jahren 1518 bis 1529 und darunter vor allem die Schriften Luthers und Zwinglis, dessen Einfluss das protestantisch gewordene Isny besonders prägte. Und schließlich sind die hebräischen Schriften, sie sog. Fagius-Drucke zu erwähnen, die mit Metallbügeln verschlossen waren und nur durch einen Schlag aufs Buch geöffnet werden konnten, eine Ausdrucksweise, die sich bis heute gehalten hat. Als besondere Spezialitäten sind noch Herbarien, anatomische Bücher und vor allem Atlanten zu nennen.
Diese Kleinodien wurden leider vor Jahrzehnten durch einen Wassereinbruch zum Teil stark beschädigt. Das meiste ist zwischenzeitlich in mühevoller restauratorischer Kleinarbeit wiederhergestellt. Um solchen Wasserschäden, aber auch den Gefahren durch Brand oder Diebstahl in Zukunft zu begegnen, wurden umfangreiche Schutzmaßnahmen durchgeführt. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg sah es als eine vornehme Aufgabe an, dabei tatkräftig finanzielle Hilfe zu leisten.

Die Prädikantenbibliothek Isny ist sicher ein herausragendes „Denkmal des Monats“ im Juni 2007.