Stuttgart/Pforzheim – In den 1950er-Jahren entstand das Pforzheimer Reuchlinhaus als erster deutscher Museumsbau der Nachkriegszeit und als Prototyp eines multifunktionalen städtischen Kulturzentrums. Am Teilgebäude des Schmuckmuseums müssen nun die Verbundglasscheiben der Fassade, die in den 1980er-Jahren ersetzt wurden, erneut ausgetauscht werden. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg unterstützt die Stadt dabei mit einem Zuschuss von 35.000 Euro aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale.

„Internationale Beachtung und Bedeutung errang das Reuchlinhaus in erster Linie aufgrund der besonderen Architektur von Manfred Lehmbruck, einem Meister des Museumsbaus mit weltweitem Renommée“, erklärt Wolfgang Riehle, Vorstandsmitglied der Denkmalstiftung Baden-Württemberg bei der Übergabe des Zuwendungsvertrags vor Ort. „Spielerische Eleganz und Leichtigkeit, verbunden mit der geometrischen Strenge der Quader zeichnen die Gestaltung aus.“ Der Komplex besteht aus vier pavillonartigen Gebäuden, die um ein verglastes Foyer mit Freitreppen gruppiert sind, und öffnet sich zum Stadtgarten hin.

Im Reuchlinhaus, benannt nach dem Pforzheimer Humanisten Johannes Reuchlin (1455–1522), fanden verschiedene kommunale Kulturinstitutionen, deren Gebäude im Zweiten Weltkrieg zerstört worden waren, ein neues Zuhause. Stadtbibliothek, Stadtarchiv, Stadtmuseum und Kunstverein zählten dazu. 1953 hatte Manfred Lehmbruck den Architekturwettbewerb gewonnen, bis 1961 wurden seine Entwürfe im Stadtgarten umgesetzt.

„Aus dem Ensemble der vier quaderförmigen Baukörper sticht das zweigeschossige Schmuckmuseum mit seiner schachbrettartig gestalteten Vorhangfassade besonders hervor“, ergänzt Riehle. Reliefplatten aus Aluminiumguss wechseln sich hier mit opaken Rohglasplatten ab. „Diese Fassade ermöglichte es, das Innere als Dunkelraum zu gestalten und neue museale Präsentationswege zu beschreiten, um die Exponate bestmöglich erlebbar zu machen“, so Riehle weiter.

Nachdem in den 1980er-Jahren sämtliche Glaselemente am Schmuckmuseum ersetzt worden waren, sorgt das Harz, das die Verbundglaselemente zusammenhält, inzwischen für Verfärbungen. An einigen Stellen hat das Glas Sprünge. Für die Überarbeitung soll nun wieder Glas verwendet werden, das der ursprünglichen Gestaltung nahekommt.

Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch unterstreicht: „Ich freue mich sehr, dass die Denkmalstiftung Baden-Württemberg die besondere Bedeutung unseres Reuchlinhauses – eines unserer bedeutendsten Kulturdenkmale – erkannt und durch ihre großzügige Unterstützung gewürdigt hat.“ Diese Zuwendung sei auch eine Anerkennung des zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwands, den die denkmalgerechte Behandlung der außergewöhnlichen Fassade erfordert habe, so Boch weiter. „Zudem ist es ein Zeichen dafür, wie wichtig die Bewahrung unseres kulturellen Erbes ist – ein Erbe, das die Identität und Geschichte unserer Stadt prägt und bereichert.“

Kulturbürgermeisterin Sibylle Schüssler ergänzt: „Denkmalschutz ist ein essenzieller Teil unserer kulturellen Identität. Dank der unermüdlichen Arbeit aller Beteiligten und der unverzichtbaren Unterstützung der Denkmalstiftung können wir unser Reuchlinhaus erhalten und pflegen.“ Zahlreiche Fachleute arbeiteten mit Hingabe und Fachwissen an der Instandsetzung der Fassade, betont Schüssler. „Ihr Einsatz ermöglicht es, dass dieser historische Schatz auch für kommende Generationen erlebbar bleibt und weiterhin das kulturelle Gesicht Pforzheims prägen wird.“

Foto: © SMP, Foto Valentin Wormbs