Ludwig Eisenlohr (1851–1931)

Aufbruch ins 20. Jahrhundert

Er entstammt, wie sein um eine Generation jüngerer württembergischer Kollege Martin Elsaesser, einem protestantischen Pfarrhaus aus dem württembergischen Kernland: 1851 wird er in Nürtingen geboren, wo sein Vater seit 1843 Direktor am neu gegründeten Lehrerseminar war.

Ludwig, das jüngste von elf Kindern, wächst in einem musisch-humanistischen Milieu heran und spielt lebenslang Violine. Mit 16 bereits besteht er die Aufnahmeprüfung ans Stuttgarter Polytechnikum und gerät unter den segensreichen Einfluss des überragenden Christian Friedrich Leins (1814–1892). Nach dem Stuttgarter Studium beginnt Eisenlohr seine praktische Ausbildung an der Berliner Bauakademie. Eine Studienreise mit dem Kommilitonen Carl Weigle (1876) nach Frankreich und Italien führt zu einer langen Partnerschaft. 1877 eröffnen beide ihr Stuttgarter Architekturbüro. In diesen etwa 30 Jahren haben beide Stuttgart geprägt.

Markante Werke wie der Marquardtbau und das Allianzgebäude stammen von ihnen, die aparte Wohnhausgruppe an der Knospstraße gegenüber dem Feuersee, die Russische Kirche und die beiden Rathäuser in Feuerbach und Vaihingen auf den Fildern. Stilistisch sind Eisenlohr & Weigle ein hochproduktives Team aus den Tagen der Vormoderne, das sich sorgsam und mit viel Stilempfinden von den Vorgaben des Historismus trennt.

Indes – Ludwig Eisenlohr ist ein zweites Architektenleben beschieden. 1910 verdrängt sein Schwiegersohn Oscar Pfennig den Compagnon Carl Weigle, und das Büro entwickelt sich in Richtung Neue Sachlichkeit, noch immer zu sehen an Stuttgarts Mittnachtbau und dem Breuninger-Hochhaus (beide um 1930). Über sein enormes Oeuvre gibt nun die umfangreiche Dissertation Anette Schmidts Auskunft (Ludwig Eisenlohr. Ein architektonischer Weg vom Historismus zur Moderne. Stuttgarter Architektur um 1900, Hohenheim Ver lag 2006). Hervorragend für den Architekturwanderer, der sich erstaunt die Augen reiben wird, wie viel Eisenlohr, Weigle und Pfennig ihm täglich noch begegnen.

(Denkmalstimme_2_2007)

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