Johann Christian Wentzinger (1710–1797)
Mit Liebe zum Detail
Er erreicht ein für die Zeit biblisches Alter und durchlebt das bauhistorisch so reiche 18. Jahrhundert vom Hochbarock über das Rokoko bis hin zum Frühklassizismus. In seinem Schaffen bewegt er sich über seine Heimatregion, den Breisgau, kaum hinaus. Er wird in Ehrenstetten (Kaiserstuhl) als Sohn eines Müllers geboren und stirbt an seinem langjährigen Wohnort Freiburg, wo er 1735 zum ersten Mal nachgewiesen ist. Das war vier Jahre nach dem ersten Romaufenthalt. Eigenem Bekunden zufolge hat er, zumindest während seiner Ausbildungszeit, „viele fremde Königreiche, Länder und Akademien gesehen“. Welche ist der Nachwelt nicht überliefert. Wentzinger ist einer der großen deutschen Künstler- Architekten des 18. Jahrhunderts. Außer Frage sein Rang als Skulpteur.
Er war vor allem auch ein Ausstattungskünstler, nach heutigem Verständnis also ein Innenarchitekt. Altäre und Taufsteine gehören zu seinen stets wiederkehrenden Arbeiten, so für St. Blasien oder die Wallfahrtskirche Kirchhofen. Auch geht der Freiburger Münstertaufstein (1768) auf ihn zurück. Höchst eindrucksvoll, allein wegen des leichthändigen Umgangs mit dem Material, sind die Stuckvorhänge an den Seitenkapellen von Kenzingens St. Laurentius (Heft 4/2008). Eine frühe Arbeit von 1740. Im Jahr darauf entsteht die lebensgroße Immakulata für St. Remigius in Merdingen als höchst belebendes Element der Turmfassade (Heft 3/2006).
Als „reiner“ Außenarchitekt begegnet er uns bei seinem noch immer bestaunten Haus „Zum schönen Eck“ (1761–1765) am Freiburger Münsterplatz. Er bewohnt es bis zu seinem Tod und verewigt sich am eisernen Balkongitter mit einem Selbstporträt in Form einer vergoldeten Bleibüste (unser Bild). Der Bau mit einem noch schöneren Namen, das „Haus zur lieben Hand“ in Freiburgs Löwenstraße 16, entsteht 1769 nach Wentzingers Plänen.
(Denkmalstimme_4_2009)