Eine große Bibliothek mit wunderbarer Stuckdecke und weiteren Stuckarbeiten, mit Stuck-Vasen auf den Simsen, zweihundertdreißig Jahre alte Regale vom Boden bis zur Decke – und nicht ein einziges Buch. So beschreibt die Badische Zeitung vom 11. Oktober 2011 den historischen Bibliothekssaal des Altdorfer Schlosses.
Das Schloss der Freiherren von Türckheim wurde gegen 1790 von Johann dem V., Freiherr von Türckheim, errichtet. Wie der heutige Eigentümer Hans-Eberhard Freiherr von Tückheim berichtet, sollte das Schloss Altdorf vor allem das Familienarchiv und die in Leder gebundenen Schätze des großen Büchernarren aufnehmen. Der im Elsass lebende Vorfahre sah im Frankreich der Revolution keinen ruhigen Aufenthalt mehr. So fanden schließlich Johanns Bruder Bernhard, der mit Goethes ehemaliger Verlobter Lili Schönemann verheiratet war, Unterschlupf im Altdorfer Schloss. Nach einer wechselvollen Geschichte hat der Urenkel des fünften Johann und noch heute angesehener Botaniker Hans von Tückheim um 1920 die komplette Sammlung von 20.000 Bänden an einen Antiquar in Leipzig verkauft. Danach verfiel der Bibliothekssaal in einen Dornröschenschlaf und wurde nahezu 90 Jahre als Abstellkammer genutzt.
Die Schwerpunkte der dringend erforderlichen Sanierung waren statische Sicherungsarbeiten an tragenden Wänden, die Instandsetzung des bauzeitlichen Fensterbestandes und der vollständig überlieferten Holzausstattung sowie die Restaurierung des hochwertigen Wand- und Deckenstucks.
Die vorbildliche private Initiative des heutigen Eigentümers erfüllt den Bibliotheksbau nunmehr mit neuem Leben; wie gesagt, weiterhin ohne Bücher. Aber kulturelles Erleben soll wieder Einzug halten. Ein erster Schritt wurde vor kurzem mit dem Auftreten der Stuttgarter Saloniker im Rahmen ihrer Konzertreihe „Musik im Denkmal“ getan. Der Denkmalstiftung Baden-Württemberg war dieses private Engagement eine nicht unbeträchtliche finanzielle Förderung wert. Alles zusammen sicherlich Grund genug, den Bibliotheksbau von Schloss Altdorf zum Denkmal des Monats November 2011 zu erklären.
Architekt: Dipl.-Ing. Franz-Josef Henninger, Ettikostr. 3, 77955 Ettenheim