Stuttgart/Schwäbisch Gmünd – Mit seiner Geschichte als mittelalterliches jüdisches Gemeindehaus gilt es als einzigartig in Europa: Das stattliche Gebäude in der Imhofstraße 9 neben dem Gmünder Königsturm stammt wohl aus dem Jahr 1288 und hat bereits vielfache Umbauten hinter sich. Nach einem ersten privaten Sanierungsversuch übernimmt die Stadt nun als neue Eigentümerin das Vorhaben. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg fördert die Arbeiten mit einem Zuschuss von 125.000 Euro aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale.

„Die Besonderheit dieses Gebäudes hat sich erst vor einigen Jahren herausgestellt‘“, berichtet Roland Bürkle, Vorstandsvorsitzender der Denkmalstiftung Baden-Württemberg. Als der damalige Besitzer damit begann, das denkmalgeschützte Ensemble zu renovieren, stieß er auf historische Bausubstanz aus dem Spätmittelalter, die eine Nutzung als jüdisches Gemeindehaus nahelegt. Vermutlich war es Synagoge, Schule und Versammlungsort in einem und enthielt auch eine Rabbinerwohnung – bis zur Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Schwäbisch Gmünd im Jahr 1501.

„Ein solches Judenhaus – in der Fachwelt Domus Judaeorum genannt –, das noch vom Keller bis zum Dach erhalten ist, gilt europaweit als einzigartig“, ergänzt Bürkle. „Dass die Stadt das Gebäude übernommen hat, als der frühere Eigentümer das Sanierungsprojekt aus persönlichen Gründen nicht fortführen konnte, ist für den Erhalt des überregional bedeutenden Kulturdenkmals ein Glücksfall.“

Um das ursprünglich als Patrizierhaus errichtete Gebäude instandzusetzen, muss es zunächst statisch stabilisiert werden. Zahlreiche Umbauten im Lauf der Jahrhunderte haben dazu geführt, dass die Lastabtragung nicht mehr richtig funktioniert. In einem ersten Bauabschnitt müssen deshalb die Umfassungswände gestärkt, Decken ertüchtigt und das Dach stabilisiert werden. Erst danach kann die Restaurierung historischer Schichten konzipiert werden.

Denkmalstiftung Baden-Württemberg

Nach ihrem Motto „Bürger retten Denkmale“ fördert die Denkmalstiftung Baden-Württemberg insbesondere private Initiativen und gemeinnützige Bürgeraktionen, die sich für den Erhalt von Kulturdenkmalen im Land engagieren. 51 Projekte hat die Stiftung bürgerlichen Rechts in diesem Jahr bereits unterstützt.

Seit ihrer Gründung 1985 hat sie annähernd 1.700 Vorhaben mit über 67 Millionen Euro gefördert, um Baudenkmale vor dem Verfall zu retten. Zwei Drittel davon waren Anträge von Privaten, Fördervereinen und Bürgerinitiativen. Möglich war dies, weil sie neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital auch erhebliche Mittel aus der Lotterie GlücksSpirale erhält. Für die Förderung und die Öffentlichkeitsarbeit zum Denkmalschutz bleibt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg aber mehr denn je auf großzügige Spenden angewiesen.

Foto: Stadt Schwäbisch Gmünd