Jörg Schlaich (1934-2021)
Er ist der erste Bauingenieur, den das renommierte Frankfurter Architekturmuseum ausgestellt hat.
Schlaich, 1934 geboren, stammt aus Stetten im Remstal, mitten im württembergischen Kernland, wo Tüfteln und Konstruieren schon zur Folklore gehören. Bei Schlaich wurde aus Konstruieren Baukunst, vor allem für Brücken und Dächer. Wie der Tübinger Baumeister Martin Elsaesser (1884–1952) stammt er aus einem evangelischen Pfarrhaus. Der „Geischd“ hatte sich im Württembergischen ja schon länger von der Theologie weg zum Technischen hinbegeben.
Schlaich studierte an der Stuttgarter TH bei seinem Vorbild und späteren Mentor, Fritz Leonhard, dem Brückenbauer und Erfinder des Stuttgarter Fernsehturms, und lehrte dort lange das Fach „Entwerfen für Ingenieure“. Sein OEuvre umfasst an die 300 Werke in aller Welt. Dabei scheute er auch größte Schwierigkeiten nicht. Bei der Hooghly-Bridge in Kalkutta akzeptierte er nicht nur 24 Jahre Bauzeit (1969–1993), sondern auch den Umstand, dass die indischen Arbeiter nicht schweißen konnten. Also ließ er nieten.
Fast 200 seiner Bauten stehen in der Bundesrepublik, an die 70 allein in Baden-Württemberg. Zu Schlaichs wichtigen Arbeiten hier gehört die luftigleichte Fußgänger- Hängebrücke über den Neckar beim Stuttgarter Max-Eyth-See (1989) und die beglückend einfache und lichte Glastonne über den Ausgrabungsresten des Römerbads in Badenweiler (2001).
Die markanteste Stuttgarter Arbeit ist gewiss der Aussichtsturm auf dem Killesberg, eine Drahtseilkonstruktion, die sich als ingenieuse Spirale emporwindet. Schlaichs Stuttgarter Büro hat Preise geradezu gescheffelt. Weltweit am bekanntesten dürfte allerdings noch immer das Münchener Olympiadach (1968–1972) sein, das er zusammen mit zwei anderen Stuttgarter „Architekturinstitutionen“ entworfen hat – dem unlängst verstorbenen Baukonstrukteur Frei Otto und dem Architekten Günter Behnisch.
(Denkmalstimme_3_2015)