Herta-Maria Witzemann (1918–1999)
Auf Internetplattformen, die Möbel anbieten, sind sie noch heute zu finden: Stühle mit geschwungener Lehne, mit Rattangeflecht auf Chromgestell, Sideboards mit Schiebetüren oder ein runder Bistrotisch, den wir alle aus Cafés kennen. Alles elegant, klassisch, schlicht und bequem.
„Morgen wohnen wir schöner“ ist der Titel eines Buches von Herta-Maria Witzemann, die solche Designklassiker für Walter Knoll, Thonet und andere berühmte Möbelfirmen entworfen hat. Morgen wohnen wir schöner – heller, leichter, moderner. Witzemann hat den Einrichtungsstil der Wirtschaftswunderkinder entscheidend geprägt; nicht nur im privaten Wohnzimmer, sondern auch im öffentlichen Raum. „Man muss dem Raum dienen können“ war ihr Leitsatz.
1918 in Dornbirn im Vorarlberg geboren, geht sie in Reutlingen zur Schule und macht 1937 ein Praktikum in einer Schreinerei – für ein Mädchen damals mehr als ungewöhnlich. Sie studiert Architektur und angewandte Kunst in Wien und München, arbeitet als Assistentin des österreichischen Werkbund-Architekten Oswald Haerdtl und macht sich Anfang der 1950er Jahre als Innenarchitektin und Möbeldesignerin selbständig. Sie wird eine beeindruckende Anzahl öffentlicher Gebäude einrichten: Zahlreiche Rathäuser, das Spielkasino und Kurhaus in Baden-Baden, die Rundfunk- und Fernsehstudios für den SDR in Stuttgart und der Landtag von Baden-Württemberg sind wichtige Stationen ihrer Laufbahn.
Mit 33 Jahren übernimmt sie eine Klasse für Innenarchitektur und Möbelbau an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, 1961 wird sie erste Professorin dieser Hochschule und lehrt bis zu ihrer Emeritierung 1985. Sie verfasst unzählige Fachbücher und Aufsätze, die die Wohnkultur in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägen. Diese beschreibt sie so: „Geborgenheit, Besinnung, Ruhe, Behagen, Atmosphäre und ein bewusstes Lebensgefühl sind einige Wesenheiten, die aus der irrationalen Welt in unsere rational erfassbare Umwelt hineingetragen werden wollen.“
(Denkmalstimme_4_2023)