Emil Otto Tafel (1838–1914)

Emil Otto TafelEr stammt aus dem hohenlohischen Öhringen und war von der italienischen Renaissance inspiriert. Ein Historist also aus historischer Umgebung. Die für seine Architektengeneration noch wichtigen Lehr- und Wanderjahre verbringt er – natürlich – in Italien, überraschend aber auch in Spanien und Ungarn. Frankreich und dessen Klassizismus ist für Tafels stilistische Prägungen weniger wirksam, im Gegensatz zu seinem großen schwäbischen Lehrer Christian Friedrich Leins, bei dem er am Stuttgarter Polytechnikum (der späteren TH) studiert. Sein anderer Lehrmeister, Joseph von Egle, Gründer der Stuttgarter Kunstgewerbeschule, holt Tafel um 1865 als Professor.

In seinem Opus magnum, der Wendlinger Baumwollspinnerei Otto (1885–1893), entfaltet er äußerst beredt seine Backsteinsprache: optisch geschickt durcheinandergemischte rote und gelbe Ziegel, aufsteigende Treppenfriese zur Akzentuierung der Giebellinie und backsteingemauerte Lisenen zur Betonung der Vertikalen – und immer wieder Bogenfriese.

Der Bogen gehört ohnedies zu den Signaturen Tafels und charakterisiert sein wohl vollkommenstes Bauwerk: die sehr toskanisch wirkende Villa Schönleber von 1889 in Karlsruhes Jahnstraße 18. Eine kleine Huldigung des schwäbischen Franken Tafel an den badischen Meister des Rundbogenstils, Heinrich Hübsch (1795–1863). Sehr viel trockener, „schwäbischer“ dagegen Tafels heute bekanntestes Gebäude, die Villa Merkel in Esslingen (1873). Beide höchst repräsentative Bürgerpalais werden heute kulturell genutzt – Karlsruhes Villa Schönleber als Musikhochschule und Esslingens Villa Merkel als vielbesuchter Kunsttempel.

(Denkmalstimme_1_2016)

War dieser Artikel hilfreich?