Josef Frank (1885–1967)
Er gehörte zur Elite der modernen internationalen Architektenschaft, der 1927 die Stuttgarter Weißenhofsiedlung gelang, und vertrat dabei in der Rathenaustraße 13–15 den österreichischen Part. Mies van der Rohe, Spiritus rector dieses globalen Bauereignisses, nannte Frank allerdings einen „weichen Modernisten“ und versagte ihm damit den Zugang zum innersten Kern der Weißenhof-Avantgarde. Und das nicht so sehr wegen der äußeren Erscheinung von Franks noch stehendem Weißenhof-Doppelhaus, sondern wegen dessen Innenausstattung.
Frank war nämlich auch Designer und entwarf eigenwilligste und grellfarbigste Stoffe. In einem zeitgenössischen Kommentar zum Weißenhof hieß es gar: „Mit allen Stoffen und Möbeln hat Frank ein Bordell geschaffen.“ Später sollte man ihn gnädiger und in einer Art überraschter Bewunderung sehen: „Josef Frank – ein Moderner der Unordnung“ titelte ein Artikel in der „Bauwelt“, 1985, zu Zeiten des Dekonstruktivismus. Frank, österreichischer Jude, begann sein Architekturstudium 1903 an der TH Wien und promovierte 1910 über den italienischen Renaissancearchitekten Leon Battista Alberti. 1919 bis 1925 war er Lehrer an der Wiener Kunstgewerbeschule und gehörte zu den Mitbegründern des Wiener Werkbunds, was ihm schließlich den Auftrag für die Stuttgarter Weißenhofsiedlung einbrachte, denn die war ja ein Produkt des Deutschen Werkbunds. Er wurde dann auch 1932 Leiter beim Bau der wesensverwandten Wiener Werkbundsiedlung und war dort tätig, zusammen mit Josef Hoffmann, Margarete Schütte-Lihotzky und Adolf Loos, bekannt und berüchtigt durch seinen 1910 erschienenen Aufsatz „Ornament und Verbrechen“.
1933 bereits sah Frank das NS-Unheil auf Österreich zukommen und emigrierte nach Schweden, wo er insbesondere als Designer reüssierte. Bis heute profitiert die Firma „Svenskt Tenn“ von seinen Ideen. Alle Bemühungen aus Wien, ihn nach 1945 zurückzuholen, schlugen fehl. Frank, stets der Sozialdemokratie nahestehend, gilt als „lässiger Architekt“. Die dogmatische Moderne ist ihm wesensfern. Er erkannte in deren Credo „form follows function“ gar einen modernistischen Totalitarismus. Sein Credo war nicht die leere Gleichförmigkeit, sondern die „Varietas“, die Vielfalt. Seine Antwort auf die Frage „Wie sollen wir bauen?“ war: „Am besten zufällig!“ 1967 starb er in Stockholm als hochangesehener Chefentwerfer des noblen Einrichtungshauses „Svenskt Tenn“. Mit „Ikea“ hatte er übrigens nichts im Sinn. Auch das hätte zu seinem Nonkonformismus keinesfalls gepasst!
(Denkmalstimme_2_2021)