Stuttgart/Reutlingen – Seit 1235 steht das Tübinger Tor als imposanter Turm an der Westseite der früheren Reutlinger Stadtbefestigung. 1330 kam das oberste Stockwerk als Fachwerkaufsatz hinzu. Um die Räume im Inneren künftig wieder nutzen zu können, strebt die Stadt Reutlingen eine umfassende Sanierung an. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg unterstützt die statische Ertüchtigung im ersten Bauabschnitt mit einem Zuschuss von 55.000 Euro aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale.
„Fast 800 Jahre hat das Tübinger Tor bereits in den Mauern und zählt längst zu den großen Wahrzeichen der Stadt Reutlingen“, erinnert Prof. Dr. Claus Wolf, Vorstandsmitglied der Denkmalstiftung Baden-Württemberg. „Mit seinem Portal aus einem dreifach gestuften Spitzbogen, einer Höhe von 36 Metern und dem pittoresken Glockenreiter auf dem Walmdach demonstrierte der Turm einst dem ankommenden Reisenden die wirtschaftliche und wehrhafte Stärke der Stadt.“ Ein Kreuzigungsrelief über der Durchfahrt zeugt vom Selbstverständnis als christliche Stadtgemeinschaft.
Die Reutlinger Stadtbefestigung wies im Mittelalter vier solcher Tortürme auf, drei weitere Tore kamen ohne Türme aus. Vom Türmerzimmer im obersten Stockwerk hatten die Wächter nicht nur Ausblick auf mögliche Feinde, sondern wachten auch darüber, ob Brände innerhalb der Stadtmauern ausbrachen. Der Raum an der Spitze des Tübinger Tors wurde in neuerer Zeit von der Stadt immer wieder für besondere Empfänge genutzt.
Insbesondere am Türmerzimmer und dem Dachstuhl sind statische Ertüchtigungen notwendig. Tragende Holzteile müssen ersetzt und Veränderungen an der Konstruktion rückgängig gemacht werden. Dabei soll auch das Dach neu eingedeckt werden. Darüber hinaus weist der Torturm Schäden an Putz, Fachwerk und den charakteristischen Buckel- und Eckquadern auf. Ein weiterer Bauabschnitt, um auch die Gebäudetechnik im Inneren zu modernisieren, ist bereits angedacht.
Denkmalstiftung Baden-Württemberg
Nach ihrem Motto „Bürger retten Denkmale“ fördert die Denkmalstiftung Baden-Württemberg insbesondere private Initiativen und gemeinnützige Bürgeraktionen, die sich für den Erhalt von Kulturdenkmalen im Land engagieren. 22 Projekte unterstützt die Stiftung bürgerlichen Rechts bereits in diesem Jahr, zahlreiche weitere werden folgen.
Seit ihrer Gründung 1985 hat sie über 1.600 Vorhaben mit annähernd 64 Millionen Euro gefördert, um Baudenkmale vor dem Verfall zu retten. Zwei Drittel davon waren Anträge von Privaten, Fördervereinen und Bürgerinitiativen. Möglich war dies, weil sie neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital auch erhebliche Mittel aus der Lotterie GlücksSpirale erhält. Für die Förderung und die Öffentlichkeitsarbeit zum Denkmalschutz bleibt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg aber mehr denn je auf großzügige Spenden angewiesen.
Foto: Balthasar Hansen, Stadt Reutlingen