Stuttgart/Ebringen – Das stattliche „Bollingerhaus“ in Ebringen gilt als einer der schönsten Fachwerkbauten im Breisgau. Das in anspruchsvoller Zimmermannsarbeit entstandene Fachwerk setzt auf dem steinernen Erdgeschoss auf und erstreckt sich über vier Stockwerke. Es stammt aus der Zeit des Wiederaufbaus im Jahr 1680. Zuvor waren die oberen Geschosse im 30-jährigen Krieg vollständig zerstört worden. Der Gewölbe-Weinkeller lässt sich sogar auf das 9. Jahrhundert datieren und belegt eine lange und wechselvolle Baugeschichte an diesem Standort.
Das stattliche Gebäude diente der Abtei St. Gallen als Wohn- und Verwaltungssitz ihrer Vögte vor Ort. Erstmals zwischen 720 und 1349 war das Kloster Eigentümer von Ebringen, erneut hatte es die Ortsherrschaft in der Zeit zwischen 1621 bis 1806 inne. Danach fiel Ebringen an das neu entstandene Großherzogtum Baden. Der heute noch gebräuchliche Name „Bollingerhaus“ geht auf die ersten Besitzer des Gebäudes nach dessen Privatisierung zurück.
Die herrschaftliche Funktion als Vogteigebäude des Klosters St. Gallen war der Grund für die aufwändige Gestaltung mit giebelseitigem zur Straße ausgerichteten Schmuckfachwerk. Diese weist vielfältige Verzierungen wie lange gebogene Fußstreben, verzierte Kopfdreiecke sowie geschweifte und genaste Andreaskreuze auf, wie sie für die Spätrenaissance typisch sind. Die privaten Eigentümer ließen den noch weitgehend originalen Dachstuhl vor kurzem in enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden sanieren. Dabei trat allerdings zutage, dass die Standsicherheit des Fachwerkgiebels wegen der nicht mehr vorhandenen statischen Rückverankerung zum Dachtragwerk akut gefährdet war.
Der dauerhafte Erhalt der repräsentativen Fassade erfordert deswegen nun ebenfalls eine fachgerechte Restaurierung. „Aus denkmalfachlicher Sicht ist die Rettung des Schmuckgiebels und damit des in dieser Form nahezu einmaligen baugeschichtlichen Zeugnisses höchst förderungswürdig“, sagt Prof. Dr. Claus Wolf, Vorstandsmitglied der Denkmalstiftung Baden-Württemberg bei der Übergabe des Zuwendungsvertrags vor Ort. „Die Eigentümer pflegen dieses Kulturdenkmal mit ortsbildprägendem Charakter und hoher ästhetischer Qualität seit langem mit viel Engagement und unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel“, fügt Prof. Wolf hinzu. Die Denkmalstiftung unterstützt daher die Arbeiten für die Wiederherstellung der Standsicherheit des Fachwerkgiebels mit 30.000 Euro aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale.
Denkmalstiftung Baden-Württemberg
Nach ihrem Motto „Bürger retten Denkmale“ fördert die Denkmalstiftung Baden-Württemberg seit nunmehr 40 Jahren insbesondere private Initiativen und gemeinnützige Bürgeraktionen, die sich für den Erhalt von Kulturdenkmalen im Land engagieren. 20 Projekte hat die Stiftung bürgerlichen Rechts in diesem Jahr bereits unterstützt, weitere Anträge liegen vor.
Seit ihrer Gründung 1985 hat sie weit über 1.700 Vorhaben mit rund 71 Millionen Euro gefördert, um Baudenkmale vor dem Verfall zu retten. Zwei Drittel davon waren Anträge von Privaten, Fördervereinen und Bürgerinitiativen. Möglich war dies, weil sie neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital auch erhebliche Mittel aus der Lotterie GlücksSpirale erhält. Für die Förderung und die Öffentlichkeitsarbeit zum Denkmalschutz bleibt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg aber mehr denn je auf großzügige Spenden angewiesen.
Foto: Ragna Guderian, Ebringen