Stuttgart/Nagold – Eine Privatinitiative hat den historischen Bahnhof von Nagold vor dem Verfall gerettet und zu neuem Leben erweckt: Das Nagolder Ehepaar Reinhold und Heike Fleckenstein hat das Gebäude übernommen, umfassend investiert und neue Nutzungsmöglichkeiten für das Baudenkmal erschlossen. 1872 von den Königlich Württembergischen Staatsbahnen im sogenannten Chalet-Stil erbaut, 2017 von der Deutschen Bahn ausrangiert, hat der Bahnhof am Rand des Stadtzentrums seit Januar 2020 mit Gastronomie und Büros wieder Publikumsverkehr. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg ernennt den ehemaligen Bahnhof von Nagold jetzt zum Denkmal des Monats Juli.
Das Gebäude war einst Höhepunkt und Endstation der Schwarzwaldbahn, die von Stuttgart aus über Leonberg und Weil der Stadt das Nagoldtal erschloss. 145 Jahre lang wurde es als Schalter- und Empfangsgebäude genutzt, bevor 2017 das Aus kam. Zuletzt war von der Deutschen Bahn nur das Allernötigste instandgehalten worden. Auf die Handwerker – insgesamt waren 23 Firmen in die Modernisierung involviert – wartete deshalb ein größeres Stück Arbeit.
Inzwischen erstrahlt der Bahnhof – auch mit Unterstützung der Denkmalstiftung Baden-Württemberg aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale – komplett in neuem Glanz: Der dreigeschossige Mitteltrakt und die beiden niedrigeren Seitenflügeln zeigen im Erdgeschoss ihre durchgehend restaurierte Buntsandstein-Fassade. Für die Verkleidung der oberen Stockwerke sind rund 120.000 Holzschindeln nach historischem Vorbild ersetzt worden. Im Inneren wurden zahlreiche Gestaltungselemente aus der Bauzeit freigelegt oder wiederhergestellt. Ein neu eingebauter Aufzug ermöglicht die barrierefreie Erschließung.
Während im Erdgeschoss und im Außenbereich eine großflächige und stilvolle Gastronomie Platz gefunden hat, kommen in den oberen Etagen des Mittelbaus Büros unter. Auch die private Stiftung des Investoren-Ehepaars hat hier Platz gefunden. Sie fördert unter anderem Projekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche.
Denkmalstiftung Baden-Württemberg
Nach ihrem Motto „Bürger retten Denkmale“ fördert die Denkmalstiftung Baden-Württemberg insbesondere private Initiativen und gemeinnützige Bürgeraktionen, die sich für den Erhalt von Kulturdenkmalen im Land engagieren. 55 Projekte hat die Stiftung bürgerlichen Rechts allein im Jahr 2019 unterstützt. Seit ihrer Gründung 1985 hat sie über 1.500 Vorhaben gefördert, um Baudenkmale vor dem Verfall zu retten. Zwei Drittel davon waren Anträge von Privaten, Fördervereinen und Bürgerinitiativen.
Möglich war dies, weil sie neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital auch erhebliche Mittel aus der Lotterie GlücksSpirale erhält. Für die Förderung und die Öffentlichkeitsarbeit zum Denkmalschutz bleibt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg aber mehr denn je auf großzügige Spenden angewiesen.
Foto: Roman Benz, zwei b Architektur, Neuweiler