Das Objekt, das es heute zu identifizieren gilt, ist zwischen 1901 und 1905 als eine der letzten Dokumentationen des späten Historismus zu bestaunen. Es legt Spuren zurück in die Renaissance und voraus in den Jugendstil und zeigt mit seiner schier unübertrefflichen Fülle an Fassadenreichtum auf die prägenden Momente des Architekten. Die waren, wie üblich für seine Baumeistergeneration, noch intensiv klassisch, also von der Antike geformt.
So findet sich auf der Portal- oder Schauseite (unser Bild) des gesuchten Gebäudes eine Opulenz klassi(zisti)scher Elemente, angefangen bei zwei überlebensgroßen Figuren wie Prometheus mit dem Adler an der linken und einer jungen Frauengestalt mit Knaben als Symbol der Weisheit an der rechten Eingangsseite.
In solch „sprechenden“ Fassaden liegt auch die Größe des in seiner Bedeutung längst unbestrittenen Baumeisters, der als Sohn eines Schneiders Schüler von Heinrich Hübsch wurde und schließlich von 1868 bis zu seinem Tod 1919 als Lehrer an der TH seiner Heimatstadt wirkte. Diese Stadt prägte er als Oberbaumeister wesentlich mit, etwa mit einer tempelartigen Badeanstalt oder mit einem wuchtigen, aber ironischerweise zugleich das Revier prägenden Gefängnisbau.
Wie also heißt dieser treffliche Architekt am Übergang von Historismus zum Jugendstil, wie das stilistisch so überwältigende Gebäude mit seiner sprechenden Fassade und wie schließlich der Ort, der in der Welt deutlich berühmter ist als unser Baumeister?
Hätten Sie es gewusst?
Schade, denn der Einsendeschluss war der 31. Mai 2022.
Der „treffliche Architekt am Übergang von Historismus zum Jugendstil“, den wir im Rätsel 1/22 suchten, ist Josef Durm. Das „stilistisch so überwältigende Gebäude“ mit der sprechenden Fassade ist die Universitätsbibliothek, der gemeinte „weltberühmte Ort“ ist Heidelberg.
Aus den Einsendern mit der richtigen Lösung wurden als Gewinner gezogen: Helmut Enßlin aus Sinsheim, Joachim Henrichsmeyer aus Leinfelden-Echterdingen, Klaus Müller aus Oberndorf am Neckar, Nicola Pfahler aus Heidelberg sowie 1 Person, die anonym bleiben möchte.
Sie alle erhalten je ein Exemplar des Titels „Zeitreise Baden-Württemberg – Orte, die Geschichte schrieben“, aus dem Silberburg-Verlag.