Stuttgart/Blaubeuren – Mit den Wandmalereien von Wilhelm Geyer ist die Kirche Mariä Heimsuchung in Blaubeuren einzigartig: Der Ulmer Künstler hat 1946 sämtliche Wandflächen von Chor und Apsis mit prächtigen biblischen Szenen bemalt. Mehr als 70 Jahre nach ihrem Entstehen sind die Meisterwerke jetzt restauriert worden. In diesen Tagen werden die letzten Arbeiten abgeschlossen, ab November sollen wieder Gottesdienste stattfinden – für die Denkmalstiftung Baden-Württemberg ein hervorragender Anlass, die Kirche zum Denkmal des Monats November 2019 zu ernennen.
Zur Restaurierung hat die Denkmalstiftung aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale einen Betrag von 20.000 Euro beigesteuert und damit die katholische Kirchengemeinde Blaubeuren darin unterstützt, das Innenleben ihrer denkmalgeschützten Pfarrkirche zu erneuern. Deutlich schneller als gedacht sind die Arbeiten über die Bühne gegangen. Wilhelm Geyers Wandgemälde hat Teresa Kolar, Restauratorin für Wandmalereien aus Stuttgart, instandgesetzt. Die Raumschale des Kirchenschiffs, 1914 vom Künstler Eugen Strehle vergleichsweise zurückhaltend gestaltet, wurde von den Restauratoren Berthold Fischer und Peter Schimpff aus Blaubeuren gereinigt und überarbeitet. Zum Abschluss wird die während der Sanierungsarbeiten eingehauste Orgel wieder ausgepackt und gestimmt, für den 27. November ist das erste Konzert des Orgelherbstes vorgesehen.
Für den Künstler Wilhelm Geyer bedeutete der Auftrag zur Ausgestaltung von Chor und Apsis 1946 nicht nur die erste Arbeitsmöglichkeit nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch einen wichtigen Schritt zu seiner Rehabilitierung. Im Nationalsozialismus galten seine Werke als „entartete Kunst“, Geyer selbst saß wegen seiner Verbindung zum Kreis der Weißen Rose zeitweise in Haft, wurde aber freigesprochen. Die Wandmalereien von Mariä Heimsuchung bildeten zugleich den Auftakt einer eindrucksvollen Nachkriegskarriere, die ihn zu einem der bedeutendsten deutschen Sakralkünstler machte. Bekannter als für seine Malereien wurde Wilhelm Geyer für seine Bleiglasfenster, die er für fast 200 sakrale Gebäude gestaltete, darunter den Kölner Dom und das Ulmer Münster.
Denkmalstiftung Baden-Württemberg
Nach ihrem Motto „Bürger retten Denkmale“ fördert die Denkmalstiftung Baden-Württemberg insbesondere private Initiativen und gemeinnützige Bürgeraktionen, die sich für den Erhalt von Kulturdenkmalen im Land engagieren.
51 Projekte hat die Stiftung bürgerlichen Rechts bisher in diesem Jahr unterstützt. Seit ihrer Gründung 1985 hat sie über 1500 Vorhaben gefördert, um Baudenkmale vor dem Verfall zu retten. Zwei Drittel davon waren Anträge von Privaten, Fördervereinen und Bürgerinitiativen. Möglich war dies, weil sie neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital auch erhebliche Mittel aus der Lotterie GlücksSpirale erhält. Für die Förderung und die Öffentlichkeitsarbeit zum Denkmalschutz bleibt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg aber mehr denn je auf großzügige Spenden angewiesen.
Foto: Dipl.-Ing. Stefan Gebhardt, Architekturbüro Gebhardt, Blaubeuren