Stuttgart/Leutkirch-Wuchzenhofen – Seit 1867 steht in Wuchzenhofen eine Friedhofskapelle auf dem Gottesacker am Ende des Baurenbergwegs. Mit ihren Spitzbogen, der Portaleinrahmung und dem filigranen Glockentürmchen ist sie eine typische Vertreterin der neugotischen Architektur in Oberschwaben aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Was sie zusätzlich zu einem erhaltenswerten Kleinod macht, sind ihre drei Spitzbogenfenster mit Glasmalereien sowie ein Rundfenster über dem Westeingang. Ergänzt werden die Fenster durch abgestimmte Holzskulpturen in den Raumecken und zwei sich gegenüberstehenden große Gemälde im Schiff. Im Chorraum ist das Ostfenster mit einem Bildnis Marias so platziert, dass es wie ein Teil eines Hochaltars wirkt.
Dieses Marienfenster unterscheidet sich von den anderen Fenstern durch die Verwendung andersfarbiger Gläser. Eine Signatur weist es als Werk der Münchener Firma Hirschvogel aus. Soweit bekannt, dürfte es sich um das einzige Hirschvogel-Fenster im heutigen Baden-Württemberg handeln. Als Glasmaler der teils überaus fein gestalteten Details wird in der Signatur C. Fiegl genannt. Der Jungfernbund tritt als Stifter des prägenden Fensters in Erscheinung.
Aus einer späteren Zeit stammen die Gemälde, die eine Pietà und die Geburt Christi darstellen. Sie wurden von August Blepp erstellt, der künstlerisch dem Expressionismus zuzuordnen ist und in den 1920er- bis 1940er-Jahren an als Kirchenmaler zahlreiche Spuren im Land hinterlassen hat.
Kleine Andachtsstätten wie die Friedhofskapelle in Wuchzenhofen sind charakteristisch für die Kulturlandschaft im überwiegend katholischen Oberschwaben. Das kleine Gotteshaus ist dafür ein anschauliches Zeugnis. Allerdings zeigen die beidseitig bemalten Glasfenster starke Schädigungen auf, die auf der Außenseite der Bewitterung und innen der Bildung von Kondensat geschuldet sind. Unter dem Wassereinfluss sind großflächig Malschichtverluste entstanden. Hinzu kommen Sprünge, kleinere Fehlstellen sowie Folgen unsachgemäßer früherer Reparaturversuche.
Für einen dauerhaften Erhalt der Fenster ist deren Ausbau, eine fachgerechte Restaurierung und der anschließende Wiedereinbau mit einer Schutzverglasung notwendig. Dies unterstützt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg mit 15.000 Euro aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale. Für Erich Fürst von Waldburg zu Zeil und Trauchburg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Denkmalstiftung Baden-Württemberg, stellt diese Förderung auch eine Anerkennung der Kirchengemeinde von Wuchzenhofen und deren Einsatz für den Erhalt des kulturellen Erbes dar. Bereits im Jahr 2023 hat die Kirchengemeinde umfassende Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten an der nahegelegenen Pfarrkirche St. Johannes Baptist mit hohem finanziellem Aufwand fertiggestellt.
„Wir freuen uns sehr, dass wir aus den Mitteln der Lotterie GlücksSpirale einen Beitrag dazu leisten können, dieses qualitätsvolle Beispiel einer gelebten wie bildlich zum Ausdruck gebrachten Religiosität und einer bestimmten baulichen Epoche für die Nachwelt zu erhalten“, so Erich Fürst von Waldburg zu Zeil und Trauchburg.
Denkmalstiftung Baden-Württemberg
Nach ihrem Motto „Bürger retten Denkmale“ fördert die Denkmalstiftung Baden-Württemberg seit nunmehr 40 Jahren insbesondere private Initiativen und gemeinnützige Bürgeraktionen, die sich für den Erhalt von Kulturdenkmalen im Land engagieren. 20 Projekte hat die Stiftung bürgerlichen Rechts in diesem Jahr bereits unterstützt, weitere Anträge liegen vor.
Seit ihrer Gründung 1985 hat sie weit über 1.700 Vorhaben mit rund 71 Millionen Euro gefördert, um Baudenkmale vor dem Verfall zu retten. Zwei Drittel davon waren Anträge von Privaten, Fördervereinen und Bürgerinitiativen. Möglich war dies, weil sie neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital auch erhebliche Mittel aus der Lotterie GlücksSpirale erhält. Für die Förderung und die Öffentlichkeitsarbeit zum Denkmalschutz bleibt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg aber mehr denn je auf großzügige Spenden angewiesen.
Foto: Stefan Köhler, Stuttgart