Stuttgart/Endingen-Kiechlinsbergen – Fast zweihundert Jahre lang mussten die Bewohner von Kiechlinsbergen im Kaiserstuhl um ihre Kirche zittern: Schon kurze Zeit nach der Fertigstellung im Jahr 1815 erwies sich die Aufschüttung aus dem Schutt des Vorgängerbaus als nicht tragfähig genug, um das neue, größere katholische Gotteshaus hoch über dem Dorf dauerhaft stabil zu halten. Erst mit neuzeitlichen Methoden ist es nun gelungen, den Kunsthügel zu befestigen. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg ernennt St. Petronilla jetzt zum Denkmal des Monats April.
Imposant ragen die massiven Stützmauern von Kirche und Friedhof bis zu acht Meter über dem Ortskern in die Höhe. Als Landmarke ist St. Petronilla in den Hügeln des Weinbaugebiets weithin sichtbar. Setzungen im aufgeschütteten Boden riefen jedoch schon früh erhebliche Risse hervor. Immer wieder wurde im Lauf der Jahrhunderte ausgebessert, was den Verfall jedoch nur hinauszögern konnte. 2017 schließlich musste die Kirche gesperrt werden, Turm und Stützmauern galten als akut einsturzgefährdet.
Dank moderner Befestigungsmethoden sind Kirche und Mauern jedoch mit großem Aufwand umfassend stabilisiert worden. In den einsinkenden Hügel wurden zunächst 143 Bodennägel, teilweise bis zu sechs Meter lang, hineingetrieben, bevor an weiteren 267 Bohrpunkten Beton in den Untergrund gespritzt wurde. Jetzt hält der Berg – und sowohl der Kirchturm wie auch die gesamte Natursteinmauer drum herum stehen so stabil wie nie.
Die Kirche selbst – ein Saalbau mit kurzem, eingezogenem Chor und halbrunder Apsis – wirkt äußerlich schlicht. Erbaut wurde sie nach den Plänen des Architekten Friedrich Arnold, einem Meister aus dem Umkreis des großen badischen Klassizisten Friedrich Weinbrenner. Umso kontrastreicher wirkt die neubarocke Ausgestaltung im Inneren aus dem Jahr 1928, zu der der Künstler Josef Mariano Kitschker das Deckengemälde beigesteuert hat. Prächtige Hoch- und Seitenaltäre und reichhaltige Verzierungen fügen sich zu einem Gesamtbild, das nun dank der neugewonnenen Stabilität für längere Zeit halten dürfte.
Denkmalstiftung Baden-Württemberg
Nach ihrem Motto „Bürger retten Denkmale“ fördert die Denkmalstiftung Baden-Württemberg insbesondere private Initiativen und gemeinnützige Bürgeraktionen, die sich für den Erhalt von Kulturdenkmalen im Land engagieren. 48 Projekte hat die Stiftung bürgerlichen Rechts allein im Jahr 2020 unterstützt. Seit ihrer Gründung 1985 hat sie annähernd 1.600 Vorhaben mit rund 63 Millionen Euro gefördert, um Baudenkmale vor dem Verfall zu retten. Zwei Drittel davon waren Anträge von Privaten, Fördervereinen und Bürgerinitiativen. Möglich war dies, weil sie neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital auch erhebliche Mittel aus der Lotterie GlücksSpirale erhält. Für die Förderung und die Öffentlichkeitsarbeit zum Denkmalschutz bleibt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg aber mehr denn je auf großzügige Spenden angewiesen.
Foto: Johannes Vogel