Stuttgart/Kirchzarten – Bis in die 1980er-Jahre diente die Tankstelle als Servicestation für Autos und Motorräder an der Höllentalstraße. Jetzt soll aus dem ehemaligen Gewerbegebäude in Kirchzarten-Burg ein Wohnhaus werden. Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg unterstützt die privaten Eigentümer dabei mit einem Zuschuss von 50.000 Euro aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale.
„Die neuen Eigentümer, ein Architektenpaar, bedeuten für das denkmalgeschützte Ensemble einen Glücksfall“, erklärt Prof. Dr. Claus Wolf, Vorstandsmitglied der Denkmalstiftung Baden-Württemberg, bei der Übergabe des Zuwendungsvertrags vor Ort. „Indem das gut erhaltene Ensemble aus Verkaufsraum, Werkstatt und Waschhalle mitsamt dem charakteristischen, von einer Säule getragenen Vordach auf neue Weise genutzt werden kann, wird zugleich ein Stück Infrastrukturgeschichte bewahrt.“
Die Tankstelle, 1952 gebaut, war bis 1980 in Betrieb und diente danach noch einige Zeit als Werkstatt und Autohandel, später als Lager. Lange Zeit war das Gebäude ungenutzt und letztlich zum Abriss vorgesehen. Einschließlich der Fensterfront zum Verkaufsraum und der beiden Falttore zu den Werkstattbereichen sowie den typischen Fliesen ist das Gebäude nahezu original erhalten. Lediglich die Zapfsäulen sind entfernt, Pumpentechnik und Hydraulik stillgelegt.
„Im systematischen Aufbau des Verkehrs- und Versorgungsnetzes in der Nachkriegszeit gehörte die Tankstellenarchitektur zum jeweiligen Marketingkonzept der einzelnen Mineralölfirmen“, unterstreicht Wolf. „Die wiedererkennbaren Designformen sollten Fortschritt und Modernität zum Ausdruck bringen und dienten als weithin sichtbare Eyecatcher.“ Der in Burg nahezu vollständig erhaltene Typ einer Aral-Tankstelle aus den 1950er-Jahren wurde in Deutschland vielfach gebaut, manchmal spiegelverkehrt, und ist sogar in Modellbausätzen überliefert. „Er erfüllte in seiner architektonischen Gestaltung die ästhetischen Anforderungen der Wirtschaftswunderjahre“, so Wolf weiter.
Jetzt soll die Gebäudehülle weitgehend erhalten bleiben. Moderne Wärmedämmung und rekonstruierte Fenster sollen Wohnen, Kochen und Schlafen in einem ungewöhnlichen Rahmen ermöglichen. Die Falttore der Werkstatträume bleiben erhalten, erhalten dahinter aber eine Glasfassade als neue thermische Hülle. Unter dem Vordach finden eine Terrasse und ein Carport Platz.
Denkmalstiftung Baden-Württemberg
Nach ihrem Motto „Bürger retten Denkmale“ fördert die Denkmalstiftung Baden-Württemberg insbesondere private Initiativen und gemeinnützige Bürgeraktionen, die sich für den Erhalt von Kulturdenkmalen im Land engagieren. 51 Projekte hat die Stiftung bürgerlichen Rechts in diesem Jahr bereits unterstützt.
Seit ihrer Gründung 1985 hat sie annähernd 1.700 Vorhaben mit über 67 Millionen Euro gefördert, um Baudenkmale vor dem Verfall zu retten. Zwei Drittel davon waren Anträge von Privaten, Fördervereinen und Bürgerinitiativen. Möglich war dies, weil sie neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital auch erhebliche Mittel aus der Lotterie GlücksSpirale erhält. Für die Förderung und die Öffentlichkeitsarbeit zum Denkmalschutz bleibt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg aber mehr denn je auf großzügige Spenden angewiesen.
Foto: Marcus Ehrhardt, Kirchzarten