Helmut Erdle (1906–1991)
Helmut Erdle gehört der Generation von Architekten an, die, in der Weimarer Zeit studierend, ihre ersten Bauten in der NS-Zeit absolvierten und nach 1945 wesentlich am „Wiederaufbau“ beteiligt waren, wie etwa auch die weit „moderneren“ Egon Eiermann (Karlsruhe) oder Hans Scharoun (Berlin).
Eine Generation, die in der Betrachtung der ersten Wiederaufbauphase in der Bundesrepublik ja mehr und mehr in den denkmalschützerischen Blickpunkt rückt.
Erdle kam 1906 in Dresden zur Welt, ging unter anderem in Stuttgart zur Schule, begann sein Studium in Dortmund, war schon früh in Essen architektonisch tätig, kam 1933 wieder nach Stuttgart als Mitarbeiter im Büro Gonser und war von 1935 bis 1938 Hauptassistent bei Heinz Wetzel an der Stuttgarter TH. Nach 1939 war Erdle in Innsbruck an der Zwangsumsiedlung der Südtiroler beteiligt, als er mehrere Tausend Wohnungen für diesen Zweck plante.
Bereits 1946 ließ er sich mit einem freien Architekturbüro, dem er bis 1991 vorstand, wieder in Stuttgart nieder. Von 1955 bis 1957 war er kurzfristig Dozent an der Staatsbauschule dort. Als Maler und Graphiker nahm er zwischen 1955 bis 1990 an vielen nationalen und internationalen Ausstellungen teil. Seine Plan- und Aufrisszeichnungen sind auch deshalb oft optische Delikatessen.
Erdles Oeuvre ist allein vom Umfang her imposant – er hat es mit Planungen, Entwürfen, Um- und Neubauten auf fast 200 Objekte gebracht. Sein wohl wichtigstes Werk ist die weithin bekannte Stuttgarter Killesberg-Wohnsiedlung, gruppiert vor allem um die Menzel- und Lenaustraße und 1949 begonnen.
Erdle mied jeden Schematismus: „Weder verzerrt noch verkrampft, weder starr noch langweilig, übertrieben und motivsüchtig“, so sein Credo. Er gehört zum konservativen Flügel der Wiederaufbaugeneration, auch wenn etwa sein Diplomatenwohnhaus am Stuttgarter Weißenhof (1954–56) einem zeitgemäß anonymen Modernismus entspricht.
Wie sehr er andererseits vom Bauen der NS-Zeit geprägt war, vom Diktat des „Heimatstils“ etwa eines Schulze-Naumburg, zeigt seine Südtirolsiedlung in Kitzbühel von 1941. Insofern bleibt uns Erdle als Meister zwischen den Stilen in Erinnerung. Vielfach ausgezeichnet. 1991 starb er in Leonberg, wo er im Gemeindeteil Warmbronn 1973 ein Wohnhaus umgebaut hatte.
(Denkmalstimme_2_2022)