Carlfried Mutschler (1926–1999)

Vom Beton zur Leichtigkeit

Er gehört zu Mannheim wie der Wasserturm. Hier ist er geboren und gestorben, hier hat er den Großteil seiner meist eckigen und sperrigen Betonbauten hinterlassen. Auch wenn er sich aufmachen sollte in sein anderes Architekturbüro nach Frankfurt oder zur Stuttgarter Lehrtätigkeit – Mannheim blieb sein biografischer Mittelpunkt.

1944 muss er von hier aus, erst achtzehn, direkt nach dem Abitur in den Krieg, gerät in Gefangenschaft und beginnt, kaum heimgekehrt, mit dem Architekturstudium im nahen Karlsruhe, bei Egon Eiermann, der dort 1947 seinen Ruf an die TH erhalten und ihr alsbald zu einigem Ruhm verholfen hatte. 1951 macht er sein Diplom bei Eiermann und wird zu einem seiner konsequentesten „Vollstrecker“: Sichtbeton und rechte Winkel – rigoros! Das Altersheim in Mannheim-Lindenhof etwa oder sein Kaufhaus in Mannheim-Waldhof oder im nahen Heidelberg seine Beiträge zur Monstersiedlung Emmertsgrund.

Doch da ereignet sich das „Wunder von Mannheim“, die „Multihalle“ zur Bundesgartenschau 1975. Statt eckiger, harter Betonkanten nun einfach ein riesiger Walfischbauch aus Gitterwerk mit sanften Rundungen und lichtdurchlässiger PVC-Beschichtung. Diese geschwungene und gebauchte Gitterschalenhalle steht in engen Verwandtschaftsbeziehungen zum Deutschen Pavillon in Montreal (1967) und dem Olympiadach in München (1972).

Der „Urwürfel“ für eine solche, die damalige Architektur aus ihren engen Rechtwinkeln erlösende Denkweise findet sich auf dem Campus der Stuttgarter Universität, im 1966/67 entstandenen „Institut für Leichte Flächentragwerke“ Frei Ottos, der natürlich auch an Mutschlers Multihalle wesentlich beteiligt war. Vollends mit dem Mannheimer Stadthaus (1986–1991) findet Mutschler, wie es 1991 in einem Geburtstagsartikel zum Fünfundsechzigsten heißt, aus den „Eiermannschen Eierschalungen“ heraus. Mutschler hatte zum Ende seines Architektenlebens, er stirbt 1999, die Zeichen der Zeit erkannt – den Überdruss an einer leer laufenden, nur noch akademisch-formalistischen Moderne.

(Denkmalstimme_1_2009)

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