Carl Schäfer (1844–1908)

Der „Wahrzeichen-Rekonstrukteur”

Er gehört zu den kompromisslosesten „Romantikern” unter den Historisten. In Kassel geboren, war er lange im Norden Deutschlands tätig, vor allem am Lehrstuhl für mittelalterliche Baukunst der TH Berlin-Charlottenburg. Im vorgerückten Alter von fünfzig wird er dann Professor für Architektur an der TH Karlsruhe. Hier im Badischen sollte seine wirksamste und charakteristischste Schaffensperiode beginnen.

Schäfer war vor allem Rekonstrukteur, dessen Ideen zum Heidelberger Schloss um 1900 heftigste Kontroversen in der Kunstwelt auslösten. Mit seinem Karlsruher Amtsantritt nämlich erhielt er auch den Auftrag zur Wiederherstellung des Friedrichsbaus. Hernach wollte Schäfer auch den Ottheinrichsbau rekonstruieren, den er als Vermächtnis einer kunstreichen Vorzeit und damit unbedingt erhaltenswert ansah. Indes, die führenden Köpfe der deutschen Kunstszene wandten sich krass gegen den „Kopisten” Schäfer: Der renommierte Kunsttheoretiker Cornelius Gurlitt nannte ihn schlicht nur einen „Alten” und der damalige Kunstpapst Georg Dehio warnte eindringlich vor einer „Verschäferung” des Heidelberger Schlosses.

Weit weniger umstritten und bis heute so populär wie stadtbildprägend sind dagegen Schäfers Freiburger Taten. Einmal seine Alte Universitätsbibliothek von 1897–1902, ein nobles Stück Neogotik in rotem Buntsandstein. Hermann Billing, Schäfers Lehrstuhlnachfolger in Karlsruhe, sollte sein gegenüberliegendes Universitätsgebäude (K1; 1907- 1911) in diesem Werkstoff bauen. Auch an der Umarbeitung und ästhetischen Rettung des aus dem späten 16. Jahrhundert stammenden „Neuen Kollegium” zum „Neuen Rathaus” war Schäfer maßgebend beteiligt, zusammen mit dem Lokalmatador Max Meckel, einem Späthistoristen.

Im Wortsinne überragend und nach dem Münster noch immer die beiden berühmtesten Orientierungspunkte in Freiburgs Altstadt sind Martinstor und Schwabentor, denen Schäfer von 1901 bis 1903 sozusagen die Köpfe aufgesetzt hat.

(Denkmalstimme_4_2006)

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