Richard Perrey (1866–1937)
Mannheim um 1900: Die Industrie boomte, die Stadt war reich, und ein günstiger Zufall erlaubte, dass der Reichtum sich gerade in der wohl lebendigsten deutschen Architekturepoche einstellte. Herrscher über das Mannheimer Architekturgeschehen jener Zeit war Richard Perrey, Direktor des Mannheimer Hochbauamts. Geboren in Stettin, Studium an den Technischen Hochschulen München und Charlottenburg, Stadtbaumeister in Stettin (1898) und Breslau (1900).
1902 ereilte ihn der Mannheimer Ruf, und er begann, die Stadt späthistoristisch und auch ein wenig norddeutsch zu prägen – er brachte den Mannheimern die (Neo-)Backsteingotik. Andererseits achtete er streng darauf, dass der Barock als dominierender Stil der Stadt nicht durch neue Bauten irritiert würde. Im respektvollen Umgang mit der Baugeschichte ist er seinem großen Kollegen Theodor Fischer (1862–1938) recht ähnlich. Wo aber Fischer seine Architektur aus dem Historismus heraus in eine sachlichere Bauepoche führte, beharrte Perrey auf trutzigem Späthistorismus.
Vielfach ragen Türme über seine Schöpfungen wie bei der Alten Feuerwache (1911/12), beim im Inneren in schönstem Jugendstil ausgestatteten, durch eine Bürgerinitiative geretteten Herschel-Bad (1912–1916) oder bei der um einen Wasserturm herum gebauten Luzenbergschule (1913–1915). Von den 122 Bauten, die zwischen 1902 und 1918 in Perreys Planungsregie entstanden, haben wenigstens 20 Krieg und an schließende Abrisswelle überstanden (dazu gehört das in unserem Heft 2/2004 vorgestellte Pumpwerk Neckarau).
Eigentlich war Perrey ein unbeugsamer Eklektiker, der historische Stile gekonnt mischte. So musste 1918 seine Zeit einfach abgelaufen sein, zumal er sich mit seiner autoritären und selbstherrlichen Art viele Feinde gemacht hatte. Man ließ ihn noch bis 1923 im Amt, stilistisch aber war er vollkommen „out“. Man verunglimpfte ihn gar als „Festungsbaumeister“.
Er engagierte sich dann politisch als Mannheimer Stadtverordneter der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) und verfluchte das „neue bauen“, vor allem wegen seiner Flachdächer, die er für „Wahn“ hielt. Ein Reaktionär, gewiss, aber voll baukünstlerisch trotziger Originalität.
(Denkmalstimme_2_2017)