Bürgerpreis 2024
An Altertümern reich sind die Stadt Rottenburg am Neckar und ihre Umgebung allemal. Römer, Habsburger, Hohenzollern, das Haus Württemberg und die katholische Kirche mit ihrem Bischofssitz haben Spuren hinterlassen, die das Stadtbild und das kollektive Selbstverständnis bis heute prägen. Seit 1852 hat sich der Sülchgauer Altertumsverein e. V. dem Erhalt, der Erforschung und der öffentlichen Präsentation der Rottenburger Geschichte verschrieben – zuletzt mit der umfassenden Sanierung des vom Verfall bedrohten Amannhofes. Dieses herausragende Engagement würdigt die Denkmalstiftung Baden-Württemberg mit ihrem diesjährigen Bürgerpreis.
172 Jahre Vereinsgeschichte
Mit fast 500 Mitgliedern und einer eigenen langen, bewegten Geschichte zählt der Sülchgauer Altertumsverein zu den ältesten Geschichtsvereinen des Landes – im Kreis Tübingen ist er definitiv der älteste. Im Namen trägt der Verein den mittelalterlichen Verwaltungsbezirk, für den der abgegangene Ort Sülchen nördlich von Rottenburg namensgebend war und der vermutlich weite Teile des heutigen Landkreises Tübingen umfasste. Hauptinteresse und Forschungsschwerpunkt des Vereins liegen seit jeher in Rottenburg, wo er ansässig ist.
Von Anfang an waren die Themen, denen sich der Altertumsverein zuwandte, so breit gefächert wie die Interessen seiner Mitglieder. Römische Funde stehen hier seit jeher neben Diözesangeschichte (die in Rottenburg erst 1821 beginnt), und in seinem SülchgauMuseum im Kulturzentrum Zehntscheuer zeigt der Verein neben wechselnden Ausstellungen zur Stadtgeschichte seit 2006 unter dem Titel „Vorderösterreich 1381–1806“ auch dauerhaft eine Aufbereitung des habsburgischen Einflusses am Neckar. Die jährlichen Krippenausstellungen zur Weihnachtszeit ziehen seit 1984 regelmäßig auch überregionales Publikum an.
Ausstellung mit Kerkerzellen
Und dann ist da noch der Amannhof: Das große Altstadtgebäude mit drei massiv gemauerten Stockwerken und weiteren drei Etagen unter dem hohen Satteldach steht seit 1715 direkt an die Stadtmauer angebaut. Bis 1828 war es Gefängnis, danach Ackerbürger-Wohnhaus mit Scheuer und Stall, später ermöglichte es kostengünstiges Wohnen unter einfachen Bedingungen. Nach längerem Leerstand übernahm die Stadt Rottenburg 2010 das Kulturdenkmal und verpachtete es langfristig an den Sülchgauer Altertumsverein.
Über mehrere Jahre hinweg wurde das Haus mit der Adresse Amannhof 11 umfassend saniert. Dabei sind unter anderem die historischen Kerkerzellen im Erdgeschoss denkmalgerecht rekonstruiert worden. Seit Juli 2022 ist der Hof auch ein Museum und beherbergt die über 600 Exponate umfassende, über fast zwei Jahrhunderte gewachsene heimatkundliche Sammlung des Altertumsvereins – ein wahrer Schatz an Heimat- und Stadtgeschichte, der unter anderem die Bedeutung Rottenburgs als einen der ältesten Siedlungsräume des Landes belegt. Die Sanierungsarbeiten am Amannhof hat die Denkmalstiftung Baden-Württemberg 2015 mit einem Zuschuss von 75.000 Euro aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale gefördert.
Auszeichnung für herausragendes Engagement
Den Bürgerpreis verleiht die Denkmalstiftung Baden-Württemberg seit 2001 an Bürgerinitiativen oder Vereine für ihr vorbildliches Engagement zur Erhaltung von Kulturdenkmalen. Der Preis ist mit 10 000 Euro dotiert. Am 16. Oktober 2024 wurde er dem Sülchgauer Altertumsverein e. V. in Rottenburg durch die Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung, Frau Ministerin Nicole Razavi, MdL, überreicht.
Fotografin: Wendy Nwogwugwu, Rottenburg