Fiale
Der Begriff lässt sich vom altfranzösischen „fialle” ableiten, das „Töchterchen”. Die Fiale als typisch gotische Schmuckform wäre demnach ein kleiner Turm, eine Miniatur sozusagen großer gotischer Kirchtürme.
Man findet sie, symbolisch für die vertikale Ausrichtung der Gotteshäuser jener Epoche, als durch gehendes Prinzip vor allem zur „Aufgipfelung” der Strebepfeiler an Langhaus und Chor oder als Rahmung von Wimpergen, jenen giebelartigen Bekrönungen von Portalen und Fenstern an gotischen Kirchen. Fialen bestehen aus Leib, Helm und Bekrönung. Der Leib als unterer, tragender Teil hat meist vier oder acht Seiten, kann mit reliefartigem Maßwerk verziert sein und ist nach jeder Seite mit einem Giebel versehen. Wird der Leib durchbrochen, entsteht eine Tabernakel-Fiale. Auf dem Leib sitzt in spitzer Pyramidenförmigkeit der Helm, auch „Riese” genannt, hinter welcher Bezeichnung sich das mittelhochdeutsche „risen” = emporsteigen verbirgt. An seinen Kanten kriechen Krabben, kleine bildhauerische, oft pflanzliche Formen, zum Gipfel, zur Kreuzblume hoch, einem abschließenden, stilisierten Blattgebilde.
Fialen finden sich zumal auf den großen gotischen Kirchen des Landes als minutiöses Charakteristikum, so auf Schwäbisch Gmünds Heilig-Kreuz-Kirche, Freiburgs und Ulms Münster, Esslingens Frauenkirche, Wimpfens Ritterstiftskirche und vor allem auch auf Urachs Stiftskirche St. Amandus, von der unser Bild eine Fiale auf der Südseite zeigt.
(Denkmalstimme_3_2007)