Freitreppe
Hierzu zählen nach neuerlicher, eher großzügiger Definition eigentlich alle nicht überdachten Treppen. Aber die „klassische“ Freitreppe führt sozusagen wie ein großer, gefältelter Teppich hoch zum Haupteingang eines repräsentativen Gebäudes, sei’s ein Schloss, eine Kirche, ein Rathaus.
Das berühmteste Beispiel hierfür im Land wäre demnach die auch längst für Theaterzwecke entdeckte Freitreppe hoch zu St.Michael in Schwäbisch Hall. Das theatralische Moment des Auf- und Abtretens hat auch die Treppen der Rathäuser in Spätmittelalter und Renaissance inspiriert, die entweder ein oder zweiseitig waren. Sie führten zum erhabenen Haupteingang im ersten Geschoss, auf den die Ratsherren emporschritten hoch zu einem kleinen Absatz, bei einer zweiseitigen Anlage das Verbindungsstück zwischen den beiden Freitreppen, die auch als Kanzel zur politischen Verkündigung diente.
Das Treppenschreiten gehört insbesondere zur Selbstdarstellung barocker Herrscher. Ludwigsburgs Schloss Favorit mit seiner Treppenanlage, Schloss Hohenheim oder Schloss Solitude zeigen es eindrucksvoll. Das Vorbild Solitude hat einige neobarocke Bauten im Württembergischen zu „richtigen“ Freitreppen inspiriert, etwa den langen Aufgang von der Neckarseite her hoch zum Marbacher Schiller-Nationalmuseum Freitreppen sind bis in unsere Tage aktuell.
Zu Stuttgarts Rathaus führt lediglich eine karge Spezies. Wenig entfernt allerdings, am Kleinen Schlossplatz, dienen die Freitreppen wie Freitreppen seit alters her der Selbstdarstellung – und man schnuppert hier auch etwas Urbanität.
(Denkmalstimme_4_2008)