Lüftlmalerei
Sie ist eine Freskotechnik, speziell im Bereich der Bayerischen Alpen zwischen Karwendel und Ammergau in Blüte. Am eindrucksvollsten wohl in Mittenwald, dessen Ortskern wie ein Malbuch wirkt. Diese Freude am bunten Haus stammt aus der Antike und wurde im Italien der Renaissance wiederentdeckt. Von hier geriet die Fassadenmode über die Handelswege nach Norden, nach Augsburg zumal, und entfaltete sich als farbenfreudige barocke Bildkunst, besonders im bayerischen Süden, wo sie sich bis heute aufs Imposanteste gehalten hat.
Aufgetragen wird die Malerei auf den noch feuchten Kalkputz der Fassade. Der Kalk nimmt draußen, im „Lüftl“, Kohlensäure auf, und die Farbe beginnt sich in einem chemischen Prozess mit dem Kalk zu einer steinharten, wasserdichten Schicht zu entwickeln, dabei einen glasigen Schimmer entfaltend. Es musste zügig gearbeitet werden, bevor die Luft den chemischen Härtungsprozess beendet hatte – Korrekturen waren nicht mehr möglich. Daher haben die Lüftlmaler ihre Bildprogramme auf Karton vorgefertigt, um sie dann mit spitzem Griffel al fresco zu übertragen. Und dann ging‘s eben in hurtiger Arbeit darum, dem trocknenden Lüftl zuvorzukommen.
Bemalte Fassaden haben uns ja in der „Denkmalstimme“ immer wieder beschäftigt, unlängst bei der Stadtapotheke in Ellwangen. Der geschilderten bayerischen Lüftlmalerei indes am nächsten kommt das Kaufmannshaus in Bopfingen. Dieses für Württemberg so seltene Exempel lässt sich leicht herleiten: Es ist das Haus eines Handelsmanns, Georg Böhm, der viel herumgekommen sein dürfte.
(Denkmalstimme_1_2019)