Gottlob Georg Barth (1777–1848)

Das nüchterne Genie

Seine Anfänge waren glänzend. Sohn eines Stuttgarter Hofbaumeisters, wurde er als Hiesiger, als „Oppidianer“ bereits 1786 (mit neun!) an die Hohe Carlsschule aufgenommen und zum Baumeister bestimmt. Man schickte den Hochbegabten nach Berlin an die Königliche Bauakademie, wo er zusammen mit Leo von Klenze studierte und in die Aura des preußischen Klassizismus geriet. Aber nicht genug mit Berlin – hernach besuchte er die bedeutendste Architekturausbildungsstätte der damaligen Welt: Jean-Nicolas-Louis Durands „École polytechnique“ in Paris.

Durands zweckgerichtete, auf Sparsamkeit bedachte Bauphilosophie hat unseren Württemberger tief beeindruckt, weswegen er sich immer wieder mit dem Vorwurf Durandscher „Trockenheit“ auseinandersetzen musste, gerade bei seinem Hauptwerk, Stuttgarts Alter Staatsgalerie (1838–1843). Vor seinem württembergischen Arbeitsalltag hatte es ihn noch nach Rom gezogen, wo er im Caffè Greco mit Berühmtheiten wie Thorvaldsen und den Brüdern Humboldt verkehrte.

1805 fing er dann in Göppingen an, mit einem Triumphbogen für Napoleon, geriet 1808 als Hofbaukontrolleur nach Heilbronn und begann zehn Jahre später, nun Oberbaurat im Finanzministerium, Einfluss auf die Baukunst im Land zu nehmen. 1819, Württemberg hatte gerade seine Verfassung erhalten, gelang ihm sein Geniestück, der „Halbmondsaal“ für das württembergische Ständeparlament in der Stuttgarter Kronprinzstraße. Barth, 1834 für seine Verdienste geadelt, verbrachte dann viele Jahre in der württembergischen Bauverwaltung. Sein letztes großes Werk wurde die Neue Aula (1841–1845) der Tübinger Universität in der Wilhelmstraße, die überhaupt Barths Signatur trägt, denn auch das „Museum“ am Beginn dieser nach Württembergs zweitem König benannten Straße hatte Barth um 1820 geplant. Mit der „Neuen Aula“, die noch trockener, noch „Durandscher“ ausgefallen ist als die „Alte Staatsgalerie“, endete dann die wesentlich französisch beeinflusste Phase der klassizistischen Staatsbaukunst im Königreich Württemberg.

(Denkmalstimme_4_2010)

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