Joseph von Egle (1818–1899)

Im 19. Jh. stilprägend

Der Landeshistoriker Otto Borst nennt in seiner Stuttgarter Universitätsgeschichte diesen wichtigen Architekturlehrer einen Mann von „breiter oberschwäbischer Natürlichkeit“.

Er war ein Hauptakteur der Stuttgarter Architektenschule(n) und ist in Dellmensingen bei Laupheim geboren, studierte erst in Stuttgart und Wien, dann aber, von 1839 bis 1841, an der Berliner Bauakademie. Darauf lernt er als Korrespondent der „Allgemeinen Bauzeitung“ viel europäische Architektur kennen und berichtet aus Norddeutschland, England, Paris, aber auch aus München. In Rom, für die damalige Architektenausbildng noch immer das Muss, lebt er von 1847 bis 1848. Danach beginnt seine Stuttgarter Karriere: Noch im Revolutionsjahr 1848 ernennt man ihn zum Leiter der Stuttgarter Baugewerkeschule, ein Amt er bis zu seinem Tod innehatte. Bereits 1850 wird er auch Lehrer am Stuttgarter Polytechnikum, der späteren TH und heutigen Universität. Damals war er noch Oberbaurat, wurde aber schon 1857 Hofbaumeister und 1884 schließlich Hofbaudirektor.

1850 beginnt auch seine intensive praktische Bautätigkeit. Am imposantesten gerät ihm dabei das neue Polytechnikum im Stil der italienischen Hochrenaissance, eine prachtvolle historistische Anlage, zweiflügelig mit Mittelrisalit. Im Zweiten Weltkrieg von einigen Bomben getroffen, aber sonst noch wohl erhalten, musste es um 1960 den Scheibenhochhäusern der nun auf Egleschem Gelände wirkenden Stuttgarter Wiederaufbauschule weichen. Seine andere frühere Stuttgarter Lehrstätte, die Baugewerkeschule, errichtet er von 1867 bis 1870 neu. Hier wie überhaupt rühmt man Egles französische Vorbilder, Prägungen, auch deutlich geworden an seiner neogotischen Stuttgarter Marienkirche am Österreichischen Platz, das zwischen 1876 und 1878 entstandene Opus magnum. Aber das wirkungsreichste Erbe ist wohl der auf ihn zurückgehende „Stuttgarter Stil“ aus der zweiten, der historistischen Hälfte des 19. Jahrhunderts: diese Durchmischung von Backstein mit Haustein — kräftige Sandsteinsockel mit Ziegelsteinmauern darüber.

(Denkmalstimme_3_2009)

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