Michael Knoll (1805–1852)
Das Denkmal zu seinen Ehren ist längst zu einem verwunschenen „lost place“ verkommen. Dabei hat seine Geburtsstadt Geislingen ihm ungeheuren wirtschaftlichen Aufschwung zu verdanken. Michael Knoll wurde 1805 geboren, sein Vater war Elfenbeindrechsler, die Familie seiner Mutter betrieb eine Mühle. Den Sohn schickten sie nach Stuttgart, wo er an der Bauschule studierte und ab 1830 für Planung und Bau von Straßen und Brücken zuständig war. Mit 36 Jahren erhielt er die Oberaufsicht über alle Staatsstraßen Württembergs, 1844 wurde er gemeinsam mit Karl von Etzel Referent für den Eisenbahnbau.
Ein Jahr später übertrug man ihm den Bau der Filstalbahn von Plochingen nach Ulm – eines der spektakulärsten Eisenbahnbauprojekte Europas und eine extreme Herausforderung für die Bauingenieure: Der Zug musste an der Geislinger Steige die Alb erklimmen mit einem Höhenunterschied von 112 Metern über eine 5,6 Kilometer lange Strecke. Das Unterfangen galt lange als unmöglich.
1847 begannen die Bauarbeiten unter Knolls Leitung. Drei Jahre lang schufteten über 3000 Arbeiter – mehr, als Geislingen damals Einwohner hatte, – mit Spitzhacke und Schaufel für dieses technische Meisterwerk. Daniel Straub, ein Vetter von Knoll, richtete eine Werkstatt zum Schärfen und Reparieren von Werkzeugen für den Bau ein. Daraus entwickelte sich eine Metallwarenfabrik, die spätere WMF.
Vor dem steilen Aufstieg schon musste der Schienenstrang viel Höhe gewinnen, damit das Niveau des Geislinger Bahnhofs erreicht wurde. Für das sogenannte „Hufeisen“, den Dreiviertelbogen rund um den Stadtteil Seebach, waren umfangreiche Aufschüttungen in eider sumpfigen Talsohle notwendig. Am 29. Juni 1850 konnte die Geislinger Steige eingeweiht werden. Ganz allein schaffte kein Zug den steilen Aufstieg: Alle, auch der Orient-Express, mussten mit einer zweiten Dampflok nachgeschoben werden. Dementsprechend groß fielen die Bahnhöfe in Geislingen und Amstetten aus. Heute benötigen Güterzüge noch eine zweite Lok für den beschwerlichen Aufstieg, und der ICE pirscht sich mit langsamen 70 km/h die Alb hinauf.
Genau zwei Jahre nach der Einweihung der Filstalbahn verstarb Michael Knoll. (bach)