Heinz Mohl (1931-2023)
Protagonist der Postmoderne
Mohl steht an der Wende von der reinen Moderne aus dem Geist des „neuen bauens“ der zwanziger Jahre zur Postmoderne. Er nennt das einen „Paradigmenwechsel zur Ordnung des Herzens, zur Menschlichkeit, zur Fähigkeit zu fragen“. Er machte sich damit zum „Seher“ und musste dafür viel Spott von seinen akademischfunktionalistischen Kollegen ertragen. Er wandte sich damit indirekt auch gegen Egon Eiermann, der von 1951 bis 1957 sein Lehrer an der Karlsruher TH war. Mohl, in Hechingen geboren, machte sein Abitur in Konstanz. Auch im beruflichen Leben war er ein Pendler zwischen Baden und Württemberg. Nach dem Karlsruher Studium gewährte ihm die Universität Florenz ein Stipendium.
Von 1962 bis 1967 arbeitete er in der Bauverwaltung Karlsruhe, bevor er an der dortigen TH Assistent wurde. Länger lehrte Mohl allerdings an der Stuttgarter Akademie am Weißenhof – von 1974 bis 1996, unter anderem als Nachfolger Erwin Heinles, des Erbauers des Stuttgarter Landtags. Mohls Versuch, architektonische Moderne mit historisch gewachsenen Strukturen zusammenzuführen, mündete im Kaufhaus Schneider (1969–1975) am Freiburger Münsterplatz, damals für viele ein Mirakel, weil hier die „Diktatur des rechten Winkels“ auf scheinbar spielerische Weise aufgehoben schien: ein richtiges Satteldach, Fenster verschiedener Größen und immer wieder hervorgehobene kleine Glaserker zur Belichtung.
Die Fassade dabei nicht im reinen Betonbrutalismus, sondern leicht aufgewellt mit schmalen Rillen (Kanneluren). Mohl hat um die 250 Bauten geplant und viele davon gebaut, darunter das Rottweiler Rathaus (1976–1980). Eines seiner spektakulärsten postmodernen Werke trägt den Namen eines großen Altvorderen der Karlsruher Architektur: die Heinrich-Hübsch-Schule (1978– 1985). Ein gewaltiger heller Klinkerprotz, der gar als „Stadtmetapher“ gerühmt wurde. Noch einmal zu Mohls „Schneider“: Nach über 40 Jahren wirkt das ehemalige Warenhaus heute, trotz aller Sensationen im Detail seinerzeit, wie ein düsterer Hochbunker, den man am liebsten in ein Freilichtmuseum der Postmoderne translozieren würde – wenn es ein solches denn gäbe. (Denkmalstimme_1_2018)