Empore

Emporen beschäftigen uns in diesem Heft ja als die angestammten Standorte von Orgeln. Sie liegen den Chören gegenüber auf den Westseiten der meisten unserer Kirchen – von den gotischen Gotteshäusern in Freiburg, Ulm, Schwäbisch Gmünd oder Esslingen bis zu den Barockkirchen Oberschwabens oder den Jesuitenkirchen der Kurpfalz in Heidelberg wie Mannheim. All diese Emporen bilden sozusagen das ästhetische Gegengewicht zu den Chören.

Dagegen ist die „umlaufende”, U-förmige Empore ein Charakteristikum der „Predigtkirchen” des Protestantismus. Schön erhaltene Beispiele solch barocker protestantischer Kirchen stehen etwa in Nordfranken: Altar, Kanzel und Orgel in einem so genannten Kanzelaltar als prachtvolle Einheit übereinander; sie erlauben diese U-förmig umlaufende Emporensituation oft über zwei, drei Stockwerke, wobei die Brüstungen auch Bildflächen abgeben können, etwa für biblische Darstellungen, die „Biblia pauporum” als göttliche Botschaft im Bild für Leseunkundige.

Eine späte Anspielung auf diesen protestantisch-barocken „Emporenkirchen-Typus” mit bemalten Emporen-Kassetten bietet Theodor Fischers weithin berühmte Jugendstil- Dorfkirche im hohenlohischen Gaggstatt. Den Typus einer Emporenkirche mit Herrschaftsloge hat der württembergische Klassizist Reinhard Ferdinand Heinrich Fischer mit seiner 1779/80 für Franziska von Hohenheim gebauten, protestantischen Dorfkirche in Birkach verwirklicht. Die ersten Emporen gab es wohl schon in den Ostkirchen des 5./6. Jahrhunderts, wo sie der Geschlechtertrennung dienten, eine Funktion, die sie auch noch im abendländischen Mittelalter hatten; daher übrigens auch die Bezeichnung Nonnenempore.

(Denkmalstimme_1_2006)

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