Kehle
Sie ist das konkave Gegenstück zum konvexen Rundstab und ein häufiges Element am Übergang von Wand zu Decke. Der Querschnitt einer Kehle kann dabei ein Halboder Viertelkreis sein, aber auch ein Ellipsensegment.
Den Übergang zwischen Wand und Decke kennt man auch als „Voute“, eine besonders im Kirchenbau des Frühklassizismus zu den Spiegeldecken hinführende Zierform, sozusagen als Kompensation für das Gewölbe, das im Nachbarock wie etwa bei Michel d’Ixnards Hechingens St. Jakob (1779–1783) oft durch eine Spiegeldecke ersetzt wird. Manchmal sind diese Vouten derart intensiv ausgefallen, dass man sie, etwas unwissenschaftlich, auch „Spiegelgewölbe“ nennt.
Im Außenbereich ergeben sich Kehlen in Form von (Abfluss-)Rinnen, etwa bei rechtwinkelig aufeinandertreffenden Dachflächen. Die eindrucksvollste Kehle im Land, die wir entdeckt haben, ist eine Art Vordach oder auch Sonnenfang über der verglasten Südseite von Kloster Bronnbachs Orangerie (unser Bild). Die Fachsprache kennt diese Kehlenart wegen der ähnelnden Querschnittslinie auch unter dem Begriff „Schwanenhals“. In Bronnbach hängt eine so geformte Kehle an einer mit dem Dachstuhl verbundenen Fachwerkkonstruktion, fein verputzt als Untergrund für ein viereinhalb Meter hohes Fresko, das für diese zwischen 1772 und 1774 entstandene Orangerie den Kehlenbogen ausfüllt. Die Motivik greift dabei allegorische Darstellungen der Jahreszeiten und der bis dahin bekannten vier Kontinente auf. Die Allegorien der Kontinente haben dabei Ähnlichkeiten zu Giovanni Battista Tiepolos Ausmalungen (1750– 1753) des berühmten Treppenhauses von Balthasar Neumanns Würzburger Residenz, die kaum 50 Kilometer von Bronnbach entfernt ist.
(Denkmalstimme_4_2014)