Knickgiebel

KnickgiebelDeutet man die Giebel als „Gesichter der Häuser“, wären die Giebellinien ihre Frisuren.

Jahrhundertelang waren schlichte Dreiecksgiebel das Gesicht von Satteldächern, namentlich der heimischen Fachwerkbauten, die „Frisur“ also glatt heruntergekämmt.

Mit der Renaissance ergeben sich dann weit üppigere, fantasiereichere Giebellinien, besonders bei repräsentativen Gebäuden mit ihren Schweifgiebeln oder Giebelwellen von der Traufkante bis zum First. Oft rollen sich diese Wellen nach Art von Schneckenhäusern nach innen ein und bilden so Volutengiebel, die gängigste Version in der Renaissance. Manchmal aber wird der organische Wellenfluss auch durch einen rechteckigen Knick aufgehalten, bevor er weiterfließt. Aus dem Voluten- wird so ein Knickgiebel, nicht zu verwechseln mit dem Staffel- oder Stufengiebel, der Rechteck um Rechteck nach oben steigt.

Das Stuttgarter Ständehaus in der Kronprinzstraße, ein stattlicher, im Bombenkrieg abgegangener Bau, hatte so einen Knickgiebel, bei dem rechteckige Intervalle die Bogenschwünge unterbrachen. Rechteckige Elemente als Wellenbrecher charakterisieren auch das fast gleichzeitig gebaute Stuttgarter Lusthaus (1575–1593). Ein geradezu exemplarischer Knickgiebel krönt das auch von der Denkmalstiftung geförderte Renaissanceschloss in Magenheim bei Cleebronn.

Ganz eigenwillig geknickte, ansonsten sehr schlichte Giebel aus neuerer Zeit entdeckt man übrigens an zwei nebeneinanderstehenden Giebeln am Schmalzmarkt in Gablenbergs Hauptstraße (unser Bild).

(Denkmalstimme_1_2016)

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