Orgelempore und Orgelprospekt

OrgelemporeDie Orgel, eine Art mechanisches Blasorchester, ist das einzige Musikinstrument, für das keine festen Bau- und Maßvorgaben existieren. Man kannte sie zwar, wenn auch in weit kleinerem Umfang, schon in der Antike.

Ihre Zeit bei uns begann in der Renaissance. Die Hochblüte der Orgel war dann der Barock mit Meistern wie Telemann, Händel und vor allem Johann Sebastian Bach. So entstanden damals, meist im Westen der Kirche, Orgelemporen mit grandiosen Gehäusen, die dem Hochaltar gegenüberlagen. Die Schauseite dieser Orgelemporen, der Prospekt, ist dabei oft bevölkert von musizierenden Engeln oder Putti und dazu reich versehen mit Ornamentik.

Gern sind solche Prospekte wie Hochaltäre gesäumt von mit Marmormustern bemalten Säulen. Hochinteressant wegen der Stilvielfalt dabei barocke Orgelemporen in spätgotischen Kirchen, etwa in Schwäbisch Gmünds Hl.-Kreuz-Kirche mit ihrer Westempore von 1688, den prachtvollen Figuren und üppigen Ornamenten wohl von den einheimischen Meistern Johann Michael und Christoph Maucher. Bemerkenswert ist auch das Beispiel der spätgotischen Marbacher Alexanderkirche, wo ein ausladendes romantisches Instrument auf der Empore Platz gefunden hat.

Problematisch bleibt eine so plumpe Betonempore wie die in der Tübinger Stiftskirche. Sie mag, pars pro toto, für so manche „moderne“ Emporenerweiterung aus den Tagen der Kirchenerneuerungen um 1960 gelten. Maßgabe für die Disposition solcher Beton-Emporen war nicht so sehr denkmalschützerisches Empfinden, sondern pragmatisches Vorgehen: nämlich Platz zu haben für den Chor in Bachs „Matthäuspassion“.

(Denkmalstimme_3_2021)

War dieser Artikel hilfreich?