Gottfried Böhm (1920-2021)
Bauen im Ensemble
Gottfried Böhm, Sohn des berühmten Kirchenbaumeisters Dominikus Böhm (1880–1957), hat das Kölner Büro seines Vaters nach dessen Tod übernommen und zu einer der künstlerisch interessantesten Architekturwerkstätten der Bundesrepublik weiterentwickelt.
Dominikus Böhm hatte bei Theodor Fischer an der TH Stuttgart studiert und viel von dessen Geist an den Sohn weitergegeben. Der, 1920 in Offenbach geboren, absolvierte sein Architekturstudium von 1942 bis 1947 an der TH München. Von 1947 bis 1950 am Wiederaufbau seiner Vaterstadt Köln beteiligt, zieht es auch ihn erst einmal nach Amerika, wo er Kontakte zu Mies van der Rohe und Walter Gropius knüpft. 1963 wird er Ordentlicher Professor für Stadtbereichsplanung an der TH Aachen. Damals entstehen seine beiden Aufsehen erregenden Bauten, die Wallfahrtskirche von Neviges (1963– 1968) und das Rathaus Bensberg (1962– 1967), eminente Betonkörper, die den gelernten Bildhauer Böhm erkennen lassen, doch bei aller Eigenwilligkeit stimmig in die Umgebung gesetzt.
1985 vollendet er sein Züblin-Haus zwischen Möhringen und Vaihingen, eine Art Baukastengotik mitten im zerfransten Industrierand des Stuttgarter Südens. Eine architektonische Attraktion bis heute. In Mannheim baut er 1986 die Universitätsbibliothek, wieder mit Versatzstücken: großformatige Fassadenplatten, durch deren bullaugenförmige Fensteröffnungen sich immer neue Blickausschnitte ergeben – Anspielungen auf den barocken Genius Loci, die blicklenkenden „Okulare” von Barockgärten.
1986 wurde Böhm mit dem Pritzker Architekturpreis ausgezeichnet. Auch in seinem neuesten Werk, der Glaspyramide für die Ulmer Stadtbücherei (2004), huldigt Böhm dem Ortsgeist. Die „FAZ” dazu: „Sein Bibliotheksbau ist, vom quadratischen Grundriss bis zur pyramidalen Steilheit, die gestalterische Quintessenz der Ulmer Bautraditionen, ihrer verzwickten altstädtischen Grundstücke, der waghalsigen Überhänge … und der halsbrecherisch steilen Satteldächer.”
(Denkmalstimme_3_2006)