Wilhelm von Traitteur (1788–1859)
Ein genialer Brückenbauer
Ein Hauch von Glücksrittertum umweht diesen Bauingenieur. Statt harte Seminarbänke zu drücken, verlässt er sich auf sein Genie, durchschweift Paris und arbeitet dort eher en passant auch einmal in einem In genieurbüro. 1811 stellt er sich dem berühmten Bauingenieur Gottfried Tulla am Karlsruher Polytechnikum zur Prüfung. Dessen Urteil war nach 59 Fragen vernichtend: Traitteur kenne die „Differenzial- und Integralrechnung nur dem Namen nach.“ Als am Ende des europäischen Schicksalsjahrs 1813 Zar Alexander I. nach Baden kommt, verschafft sich Traitteur einen Termin mit dem Erfolg eines zehnjährigen Engagements im Petersburger Ingenieurdienst.
So wird der „Genieoffizier“ Traitteur in den Jahren 1823 bis 1826 zum Pionier russischer Hängebrücken-Konstruktionen, wobei er auf die traditionelle Konstruktion englischer Kettenbrücken zurückgreift. Dazu erweist er sich als Meister des Holzfachwerkbaus, und man vertraut ihm auch die Konstruktion der Moskauer „Manege“ an, eine Exerzierhalle mit Holzbindern von 48 Metern Spannweite.
Auch das erste Teilstück der Magistrale von Petersburg nach Moskau mit allein 30 Brücken baut Traitteur. Seine fünf Hängekonstruktionen, zwei große Verkehrs- und drei kleine Fußgängerbrücken, gehören bald zu den beliebtesten Bauwerken der russischen Residenzstadt.
Als 1907 eine der beiden großen abgerissen wird, heißt es, St. Petersburg habe ein Stück seiner Seele verloren. Die drei kleinen Brücken indes haben stets denkmalschützerische Zuwendung erfahren, auch in der Sowjetzeit. Trotz aller russischen Anerkennung – man hatte Traitteur in Petersburg schließlich zum Generalmajor befördert und ihn mit zahlreichen Orden hochdekoriert – kehrt er 1832 ins Badische zurück, voller Ideen, etwa für eine Mannheimer Hängebrücke über den Neckar.
Aber das großherzogliche Baden ignorierte seinen großen Sohn beharrlich. Der starb 1859 in Mannheim als Privatier.
(Denkmalstimme_2_2014)