Ädikula

Ädikula ist lateinisch und meint ein kleines Tempelchen von geringer Tiefe, in dem sich eine (Götter)Statue unterbringen ließ. Bekrönt war es in seiner einfachsten Form von einem leeren, an ein Tympanon erinnernden Dreiecksgiebel, der auf einem Architrav ruhte, den wiederum zwei Säulen trugen. In keinem römischen Wohnhaus durfte ein solches Hausheiligtum fehlen. Man stellte es gern im Eingangsbereich auf, und zwar in Form eines kleinen Schreins oder eines Altarblocks. Die einfachste Art war die ädikulaförmige Nische als Aussparung in einer Wand. Die Form hat sich bis ins Mittelalter im westlichen Mittelmeerraum, namentlich in Italien und Südfrankreich erhalten. Mit der Renaissance kommt sie dann auch in unsere Breiten. Im Barock dienen Ädikula gern als Fensterumrahmungen zur Aufhebung des „horror vacui”, des Schreckens vor der leere großer Fassadenfronten. Der Ädikula-Form verwandt, nur zurückgezogener, profanierter sind die Fensterverdachungen oder Fenstergiebel, bei denen die steinernen Wändungen der Längsseiten gewissermaßen die Ädikula-Säulen ersetzen. Ursprünglich vielleicht sogar als Regenschutz gedacht, übernimmt diese Fensterverdachung schon seit dem 16. Jahrhundert rein dekorative Aufgaben – bis hinein in die Zeiten des Historismus, sei’s als Giebeldreieck, sei’s als Segmentbogen, sei’s mit leeren oder auch wieder reich ausgeschmückten Giebelfeldern. Auf unseren Bildern Fensterverdachungen an zwei Nachbarhäusern des späten 19. Jahrhunderts im Stuttgarter Westen. Einfache Ausführungen, bei denen sich gleichwohl die Unerschöpflichkeit formaler Weiterungen der ursprünglich antiken Form erahnen lassen.

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