Enfilade

Hinter dem Begriff erkennt man leicht das französische Verb „enfiler”, was unter anderem auch „aufreihen” heißt – die Enfilade ist per definitionem eine lange Reihe von Räumen, die in einer Linie liegen und bei geöffneten Türen eine imposante, höchst repräsentative Raumflucht von manchmal einigen Hundert Metern Länge bilden.

Dieser Typus von Raumfolgen bildet sich im Frankreich der Renaissance heraus und wird im 17. und 18. Jahrhundert fester Bestandteil des europäischen Schlossbaus, dafür so typisch und unabdingbar wie etwa die Dreiflügelanlage. Enfiladen hatten der Repräsentation zu dienen. Man hielt sich nicht darin auf, man durchmaß sie gravitätisch.

Als durchschreitbare Rauminszenierung waren sie gewissermaßen die Bühne für den Schlossadel und endeten oft an einem Fenster–Illusion der Unendlichkeit. Der architekturästhetische Idealfall ist die von einer langen Fensterreihe flankierte Raumaddition. Denn hier kann auch das Licht bei den Auftritten mitspielen. Ein solches Exempel haben wir im Südflügel des Sigmaringer Schlosses gefunden, dessen Enfilade vom Königsaal ausgehend der hohenzollerischen Familie vorbehalten ist.

Das Bürgertum entdeckt die Enfilade im 19. Jahrhundert für seine Musentempel, die Kunstmuseen. Hier ergeben sich dann große Durchblicke und spannende Durchgänge von Kabinett zu Kabinett. Zu einem Revirement der Enfilade in unseren Tagen kommt es in James Stirlings Neuer Staatsgalerie, der in Anspielung auf die klassizistische Alte Staatsgalerie nebenan die Sammlungsräume im ersten Stock als Enfilade gestaltet. Die offenen Pforten sind dabei von stilisierten Dreiecksgiebeln bekrönt, Anspielungen auf das antike Tympanon. Zur Betonung der Enfilade zog sich hier eine Bodenplastik wie ein Läufer durch die offene Raumflucht.

(Denkmalstimme_4_2006)

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