Grabkapelle

Grabkapellen bieten Raum zum Totengedenken in Gottesdienst und Gebet. Frühe Beispiele sind altägyptische Totentempel (Mastabas), antike Mausoleen und schließlich in der christlichen Antike die oft nachgeahmte Heilig-Grab-Kapelle zu Jerusalem (325–336). Nach ihrem Vorbild entstand etwa das Heilige Grab in der frühbarocken Waldshuter Gottesackerkirche 1683.

Die Grabkapelle als eigener Baukörper geht auf die Renaissance zurück. Vorbild war Palladios Villa Rotonda (1567–1569). Stuttgart hat zwei herausragende Kapellen dieses Typus, beide vom klassizistischen württembergischen Hofbaumeister Giovanni Salucci (1769–1845), einem hohen Verehrer Palladios. Die eine steht, hoch über dem Neckarland auf dem Württemberg, Ort der Stammburg des gleichnamigen Herrschergeschlechts auf einem ausladenden Rebenhügel über dem Weinort Rotenberg, daher schlicht „Rotenbergkapelle“, zwischen 1820 und 1824 entstanden für die mit erst 31 Jahren gestorbene württembergische Königin Katharina, einer Zarentochter. Wilhelm II., ihr königlicher Gatte, pointiert so, weithin sichtbar, den Klassizismus als „württembergischen Nationalstil“. Die Rotenberg-Rotunde folgt dem Beispiel Palladios mit vier symmetrischen Anbauten in Form ionischer Portici. Der Zentralraum ist von einer kassettierten Kuppel mit Stuckrosetten und einem Oberlicht inmitten überwölbt, dem Oeil de dome.

Eine Miniatur dazu ist die Benckendorff-Kapelle auf dem Heslacher Friedhof, die Salucci während seiner Rotenberg-Arbeiten 1823 baute. Hier wie schon auf dem Württemberg erhebt sich die Sandstein-Rotunde auf einer kreisrunden Gruft, in die ebenfalls ein Oeil de dome über eine schmiedeiserne Zieröffnung hinunterstrahlt. Derber dagegen der Grabtempel für den Grafen Zeppelin auf Ludwigsburgs altem Friedhof. Sein Erbauer: Nikolaus Friedrich von Thouret. Dieser Totentempel wird von einem kompakten viersäuligen Portikus mit leerem Tympanon dominiert. Dahinter ein quadratischer Bau mit Kuppel. Verglichen mit dem fast heiteren Salucci in der unerbittlich steinernen Sprache des Todes.

(Denkmalstimme_3_2010)

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