Laubenganghaus

Der Laubengang ist eine horizontale Erschließungsmöglichkeit mehrerer Nutzungseinheiten auf einer Ebene, meist durch einen langen Gang oder Flur. Der ausgeprägteste im Land verläuft um den Freudenstädter Marktplatz (1599), für den Heinrich Schickhardt, sein Erfinder, wohl norditalienische Vorbilder hatte. National ist Münsters Prinzipalmarkt mit seinen auf Säulen gestelzten Häusern bemerkenswert: Da gibt der Laubengang darunter dem Architekturgeschehen darüber gewissermaßen Gemeinsamkeit.

Dieser Gemeinsamkeitsgedanke lässt zu Beginn der Architekturmoderne das Laubenganghaus in Zeiten großer Wohnungsnot entstehen. Hier werden die Wohnungseinheiten mehrgeschossiger Gebäude von offenen, an den Stockwerken entlang geführten Gängen erschlossen. So ließen sich Treppenhäuser einsparen, und man hatte entsprechend mehr Raum zum Wohnen. Einen regelrechten Boom erlebten Laubenganghäuser speziell durch das Bauhaus. In Dessau und Frankfurt a. M. etwa, bis 1933 wichtige Zentren des modernen sozialen Wohnungsbaus, wurden damals viele solcher Häuser mit ihren verbindenden sozialen Flurbändern gebaut. Für Heilbronn entstand 1930/31, vom einheimischen Architekten Ludwig Knortz erdacht, in der Olgastraße 84 ein markantes Beispiel mit expressionistischen Merkmalen. Das bei diesem Bautyp sonst eher verborgene Treppenhaus tritt dabei auf der Laubengangseite mittig und turmartig vor.

Um 1980 zum Abbruch freigegeben und völlig heruntergewohnt, setzten sich beherzte Heilbronner für die Rettung ein. Heute gehört es zu den herausragenden Ereignissen klassisch moderner Architektur. Auch nach 1945, in der Wiederaufbauphase, war das Laubenganghaus eine willkommene Wohnbauform, eben wegen der Minimierung von Erschließungsflächen und der Ersparnis von Außenwänden auf den offenen Flurseiten. Wir zeigen auf unserem Bild ein frisch renoviertes Exemplar als eine Art Wiederaufbau-Lückenbüßer im eigentlich eher historistischen Stuttgarter Heusteigviertel.

(Denkmalstimme_3_2016)

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